Kontrolle am Computer

MAINZ. Killerspiel-Verbote ersetzen keine Medienkompetenz bei Jugendlichen, so die einhellige Meinung von Wissenschaftlern, Pädagogen und Computerspiele-Experten. In den vielfach geforderten strengeren Vorgaben sehen sie meist nur Scheinlösungen, die in der tatsächlichen Internet-Welt wirkungslos bleiben.

Für Wolfgang Rohleder, Vorsitzender des Online-Spieler-Clans bobd-clan.de ist die Sache klar: "Ein Verbot von Killerspielen ist nur eine Ausrede nach Gewalttaten." Doch Exzesse wie Amokläufe Jugendlicher werden seiner Einschätzung nach von Menschen mit ganz eigenen Problemen begangen und nicht, weil irgendwelche Gewaltspiele todbringende Fantasien geweckt haben. Gewaltausbrüche Jugendlicher stehen laut Sozialwissenschaftler Winfried Kaminski (Fachhochschule Köln) vor allem mit Gewalterfahrungen der Betroffenen im Elternhaus oder in der Schule, mit Leistungsdruck und fehlenden Perspektiven in Verbindung. In einer Expertenanhörung in Mainz mahnte der Medienforscher, Kinder nicht für beschränkt zu halten, weil sie angeblich nicht zwischen Computerwelt und Wirklichkeit unterscheiden könnten. Er plädierte für mehr Gelassenheit in der Diskussion um schärfere Gesetze. Die Fachleute waren sich einig, dass es nicht nur an der Medienerziehung des Nachwuchses fehlt, sondern auch an der Medienkompetenz vieler Eltern. Im Vordergrund muss nach ihrer Meinung nicht die Frage stehen, was die Medien mit den Menschen machen, sondern was die Menschen mit den Medien machen. Anstelle zusätzlicher Verbote sollen sich Eltern vielmehr intensiver mit den Computeraktivitäten ihrer Sprösslinge auseinander setzen, Spiele öffentlich zur Kritik gestellt und gute Unterhaltung auch ausgezeichnet werden. Die Eltern sind die Kontrolleure der Kinderzimmer, nicht der Staat, wie es Klaus Spieler von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle USK formulierte. Alle Spiele, die aktuell in der Schusslinie stehen, sind nach seinen Angaben bereits verboten. Doch werden diese Entscheidungen über das Internet ausgehebelt oder von überlasteten Strafverfolgern nicht konsequent umgesetzt.Suchtgefahr als größeres Problem

Der Bundesverband desrSpiele-Entwickler räumt ein, dass es auch in diesem Markt wie überall Schund gibt, macht dafür aber vor allem die ausländischen Produzenten verantwortlich. Er sieht allerdings in den Suchtgefahren für Computerfreaks ein größeres Problem als in den gewaltbeherrschten Spielen. Einen umfassenden Jugendschutz hält auch die von den Ländern vor Jahren gegründete Einrichtung jugendschutz.net für illusionär. Vermisst wird von den Internet-Kontrolleuren vor allem ein einheitliches Schutzkonzept und eine Abnahme für Handy-Spiele. Vor allem aber sollten die Alterskennzeichnungen für Spiele endlich deutlich sichtbar angebracht werden. Einige Computerexperten sagen bereits voraus, dass sich die Diskussion in ein paar Jahren nicht mehr um Gewaltspiele dreht, sondern um die dann allgegenwärtige Flucht in eine virtuelle Welt via Internet. Die große "Spiele-Welt" droht damit zur Realität zu werden. Kommentar Seite 2

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