Kontrolle hat versagt

"Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie…" - ja wen denn eigentlich? Welcher Arzt und Apotheker kann denn tatsächlich alle gefährlichen Wirkungen von Medikamenten aufzählen? Schon beim Lesen so mancher Beipackzettel fühlt man sich angesichts seitenlanger möglicher Nebenwirkungen kranker als zuvor.

Sibutramin ist so ein Stoff. Sein Nutzen ist sicherlich unumstritten: Er hilft beim Abnehmen - und dass, obwohl er zunächst gegen Depressionen entwickelt wurde. Ein Beispiel dafür, wie bei einem Medikament eine zunächst in Kauf genommene Nebenwirkung, die des Sättigungsgefühls, plötzlich zur Hauptwirkung wird. Und das nur, weil im Schönheitswahn jeder, der nur ein paar Kilo zu viel auf den Rippen hat, ganz schnell abnehmen will. Die Pharma-Industrie entdeckte einen neuen Markt und widmete kurzerhand ein hochwirksames, aber nur in bestimmten Fällen angebrachtes Mittel in eine Schlankheitspille um und verdient sich damit bis heute eine goldene Nase. Schlimm daran: Die Hersteller kannten die gefährlichen Nebenwirkungen des Mittels, wussten sogar über Todesfälle Bescheid. Offensichtlich ist es den Pillenherstellern aber egal, was mit dem Mittel gemacht wird. Sollen doch irgendwelche dubiosen Pillendreher in chinesischen Hinterhöfen das weiße Pulver ruhig in irgendwelche Kapseln füllen und als Naturprodukt verkaufen - Hauptsache die Kasse der Pharmariesen stimmt. Unverantwortlich. Sibutramin muss vom Markt genommen werden. Nur so kann man verhindern, dass weiter die China-Pillen unter der Hand gehandelt werden. Und noch eins zeigt der Skandal um die krank machenden Schlankmacher: Auch angebliche natürliche Heilmittel dürfen nicht unkontrolliert auf den Markt. Ein freier Warenverkehr darf nicht dazu führen, dass durch Wundermittel Menschenleben in Gefahr geraten. b.wientjes@volksfreund.de

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