Konzentration auf Brot- und Butterthemen

Als FDP-Landeschef auf dem Rückzug, als Bundeswirtschaftsminister unter Beschuss: Rainer Brüderle hält auch nach dem Wahldesaster für die Liberalen an seinem Lebensmotto fest: "Das Erfolgsgeheimnis einer guten Politik ist es, dass man auf der Kommandobrücke die Übersicht und Klarheit behält und nicht mit dem Sturm wankt."

Mainz/Berlin. Unsere Mitarbeiterin Ursula Samary sprach mit Rainer Brüderle über den Neuanfang der FDP in Land und Bund.

4,2 Prozent - raus aus dem Landtag. Ende einer Ära im FDP-Landesvorstand. Wie schwer ist das?

Brüderle: Wir haben in der rheinland-pfälzischen FDP viele gute Jahre erlebt, jetzt aber eine bittere Niederlage. Das ist nicht zu beschönigen. Da ist es auch kein Trost, dass es nach den Ergebnissen aller Analysen nicht um die politische Arbeit in Rheinland-Pfalz ging. Die Euro-Krise, der Krieg in Libyen und die Folgen der Katastrophe in Japan waren die alles überlagernden Themen. Wir wollen in einem geordneten Verfahren den Neuanfang in Rheinland-Pfalz ermöglichen.

Warum haben Sie sich entschieden, mit eigenem Rückzug den Weg für den Neuanfang freizumachen?

Brüderle: Das war eine freie Entscheidung, die wir einvernehmlich getroffen haben. Der komplette Landesvorstand gibt am 7. Mai bei einem Sonderparteitag die Chance für Neuwahlen auf allen Positionen.

Rekord-Chef sind Sie schon. Könnten Sie auch erster Ehrenvorsitzender der Landes-FDP werden?

Brüderle: Um ein solches Amt bewirbt man sich nicht.

Wie sehr hat es Sie getroffen, dass Parteichef Guido Westerwelle noch am Wahlsonntag ein Störfeuer gegen Sie eröffnete, um seine eigene Haut zu retten? Er wollte Sie im Kabinett kalt abservieren.

Brüderle: Ich weiß von keinem Störfeuer. Ich bin mir mit Guido Westerwelle und dem gesamten Präsidium einig, dass wir in Ruhe in den Gremien die Wahlen analysieren und den Bundesparteitag im Mai vorbereiten.

Mit Anstand Konsequenzen ziehen. Ist dies das Signal aus Mainz an die Bundes-FDP?

Brüderle: Bund und Land sind zwei Paar Stiefel. Ich bin stolz darauf, dass wir immer einen fairen und freundschaftlichen Umgang im Team gepflegt haben. Das wird auch in Zukunft der rheinland-pfälzische Weg bleiben.

Da die Ursachen für das Debakel nicht als hausgemacht gelten, ist die Wut auf Parteichef Westerwelle unter den Landes-Liberalen gewaltig. Haben Sie dafür Verständnis?

Brüderle: Frust und Enttäuschung sind nach einem solchen Ergebnis verständlich. Aber ich halte nichts von Schuldzuweisungen.

Die Grünen sind als Machtfaktor in der Mitte angekommen. Die FDP ist in einer Existenzkrise. Muss sich der politische Liberalismus neu erfinden?

Brüderle: Die Partei ist in keiner Existenzkrise. Die Liberalen müssen sich auf die Brot- und Butterthemen besinnen. Das sind soziale Marktwirtschaft, Bildung und Bürgerrechte.

Werden auch die Gelben grüner?

Brüderle: Wichtig ist, dass wir auch bei nötiger Neuorientierung unseren Kompass klar im Blick behalten.

Was halten Sie von der Forderung des FDP-Generalsekretärs, dass die bis Juni stillgelegten Atomkraftwerke nie mehr ans Netz gehen?

Brüderle: Wir sind uns grundsätzlich einig, dass wir so schnell wie möglich ins Zeitalter der erneuerbaren Energien kommen. Wir wollen einen schnellen, aber machbaren Umbau der deutschen Stromversorgung. Deshalb ist es mir wichtig, den Netzausbau zu forcieren, damit der in der Nordsee produzierte Ökostrom auch in Bayern ankommt, wenn er dort gebraucht wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort