Kranker Kläger

Weil der Kläger immer noch krank ist, hat das Arbeitsgericht am Dienstag den HWK-Prozess vertagt. Die HWK wirft ihrem Ex-Mitarbeiter Betrug vor. Alles sei mit seinem Chef abgesprochen gewesen, hält dieser dagegen.

Trier. (woc) Dass L. der Handwerkskammer fingierte Rechnungen über 16 400 Euro untergeschoben haben soll, scheint selbst Rechtsanwältin Petra Lipka nicht anzuzweifeln. Doch ihr Mandant klagt trotzdem auf Wiedereinstellung. "Von Anfang an war mit seinem Chef abgesprochen, dass L.s Überstunden über solche Abrechnungen abgegolten werden", erklärte Lipka vor dem Arbeitsgericht. "Solche Abrechnungen" soll L. zusammen mit zwei Dozenten des Umweltzentrums der HWK gestellt haben: Die Dozenten unterschrieben Stundenzettel für Unterricht, den sie nie gehalten hatten. L. zeichnete die falschen Abrechnungen gegen, die der UWZ-Leiter dann weiterleitete an die Zahlstelle der HWK. Das ergaunerte Honorar behielten die Dozenten offenbar nicht für sich, sondern überwiesen es größtenteils zurück an L. "Dafür haben sie sich offenbar Aufträge erhofft", erklärte HWK-Rechtsanwalt Ingo Becker dem Gericht.Zu den dubiosen Vorgängen befragen konnte Richter Martin Dorp bisher allerdings weder den ehemaligen Mitarbeiter des UWZ noch dessen Leiter: Seit die Angelegenheit bekannt wurde, sind beide offenbar so schlimm erkrankt, dass sie noch nicht mal telefonieren können. "Ich habe keinen persönlichen Kontakt zu L.", sagte Lipka, die sich bei der Verhandlung lediglich auf ein neunseitiges, handgeschriebenes Fax ihres Mandanten stützen konnte. Dem Vernehmen nach hat auch die HWK bisher nicht mit dem Ex-Leiter des UWZ über den Vorwurf sprechen können. Fristlos gekündigt hat sie ihm trotzdem. Allerdings nicht wegen der Luftrechnungen, sondern wegen Subventionsbetrugs und anderer Unregelmäßigkeiten, in die er verstrickt sein soll und um die sich die Staatsanwaltschaft derzeit kümmert (der TV berichtete).

Dass die HWK gleich mehrere Beschäftigungsgesellschaften - darunter die zur Förderung des Handwerks (GFH) - gegründet hat, kritisierte Richter Dorp: "Offenbar umgehen Sie so die Förder-Sperren, die es für öffentliche Einrichtungen gibt." Nach TV-Informationen verschiebt die HWK selbst Mitarbeiter in höherer Funktion von Tochtergesellschaft zu Tochtergesellschaft und damit von Zeitvertrag zu Zeitvertrag. Dadurch sei man "flexibel" und könne "marktübliche Gehälter" zahlen, hielt GFH-Mitgeschäftsführer Günther Behr dem Richter entgegen. Gut kennt sich Behr in seiner Gesellschaft allerdings anscheinend nicht aus: Um Dorps Frage zu beantworten, wie viele Mitarbeiter die GFH habe, musste Behr erst den Personalrat der HWK zu Rate ziehen.

Auch L. war bei der GFH angestellt. Sollte seine fristlose Kündigung wegen eines Formfehlers ungültig sein - zum Beispiel wegen Unklarheiten über den zuständigen Personalrat - käme das teuer für die HWK. Dann müsste sie nämlich alle Gehälter nachzahlen. Und das könnten viele sein: Erstens ist nicht abzusehen, wann die beiden erkrankten Hauptbeteiligten wieder vernehmungsfähig sind. Zweitens geht Richter Dorp Ende Februar in Ruhestand. In den Fall wird sich ein anderer Richter einarbeiten müssen. Frühestens im März ist mit dem nächsten Verhandlungstermin zu rechnen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort