Krasses Beispiel Schulmilch: Kommunen fürchten die Kosten

Im Zuge der Kommunalreform ist auch eine Änderung von Zuständigkeiten innerhalb von Behörden gesetzlich verankert worden. Verwaltungen in der Region sind verunsichert. Sie fürchten zusätzlichen Aufwand und Kosten.

Mainz/Trier. Im September 2010 hat der Landtag zwei Gesetze zur Kommunal- und Verwaltungsreform verabschiedet. Sie betreffen zum einen eine Gebietsreform mit der freiwilligen Fusion von Verbandsgemeinden und zum anderen Aufgaben verschiedener Verwaltungsebenen, die verlagert werden. Ursprünglich gab es eine sogenannte 64er-Liste des Innenministeriums mit Vorschlägen, von denen rund 40 letztlich umgesetzt worden sind.

Seit dem 1. Januar gelten veränderte Zuständigkeiten. Während die Bürger von den verwaltungsinternen Abläufen wenig mitbekommen, herrscht in manchen Amtsstuben Verunsicherung. Als krasses Beispiel wird die Schulmilch-Verordnung bezeichnet. Hier geht es um Genehmigungen und Fördermittelanträge von Firmen, die den Schulen Milch liefern wollen. Bis Ende 2010 war dafür die Aufsichtsbehörde ADD zuständig, künftig sind es die 24 Kreis- und zwölf Verwaltungen kreisfreier Städte im Land.

Auf TV-Anfrage sagt Alfons Kuhnen, Sprecher der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich: "Derzeit kann die Kreisverwaltung den Aufwand für die zusätzlich übertragenen Aufgaben noch nicht abschätzen." Man halte es für möglich, dass zur Erfüllung der Schulmilch-Aufgabe landesweit sieben Vollzeitstellen geschaffen werden müssten. Zuvor sei dafür nur eine 60-Prozent-Stelle bei der ADD nötig gewesen. Das Innenministerium bezeichnet das bei jährlich etwa 150 Bescheiden als "vollkommen ausgeschlossen". Kuhnen gibt auch zu bedenken, auf die Milchlieferanten käme vermutlich ein größerer bürokratischer Aufwand zu.

Während das SPD-geführte Ministerium grundsätzlich die neue Aufgabenverteilung für effizienter und bürgernäher hält, kommt Kritik von der CDU. "Diese Liste ist kein Beispiel für eine Reform aus einem Guss, sondern ein loses Herausgreifen von Einzelpunkten", sagt Kommunalexperte Günther Schartz. Der Trier-Saarburger Landrat moniert, neu geregelt würden "Zuständigkeiten, die nicht besonders wichtig sind". Zudem sei die Konnexität (wer bestellt, bezahlt) noch nicht verhandelt, obwohl die Übertragung der Aufgaben schon erfolgt sei. Schartz: "Viele Verwaltungen wissen nicht, was auf sie zukommt."

Anke Beilstein, Landesvorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der CDU, sieht "viel Aufwand und keinen Ertrag". Der beabsichtigte Einspareffekt durch die Aufgabenverlagerungen sei gleich null.

Eric Schaefer, Sprecher des Innenministeriums, weist die Kritik zurück. Sie stamme "von Politikern, die in den vergangenen Jahren keinen einzigen eigenen Vorschlag gemacht haben". Gelassen betrachtet FDP-Innenexperte Thomas Auler die Situation. Seine Partei habe dem Gesetz zugestimmt, "weil wir die schlimmsten Sünden verhindert haben". Die SPD habe zum Beispiel die Überwachung des fließenden Verkehrs auf Bundes- und Landesstraßen ebenso auf die Verbandsgemeinden verlagern wollen wie die Zuständigkeit für das Waffenrecht. Beides sei gestrichen worden. "Es gab einen Kompromiss, bei dem wir auch kleinere, ärgerliche Dinge schlucken mussten", sagt Auler.

In einigen Verwaltungen zeigt man sich verwundert, dass die kommunalen Spitzenverbände nicht reagiert hätten. "Ich habe keine Kritik gehört", kommentiert Winfried Manns, Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes (GStB). Seines Wissens gebe es nur Probleme mit der rechtlichen Bewertung bei der Zuständigkeit für Flohmärkte an Sonntagen.

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