Krise drückt Wert der Arbeit in Europa

Die anhaltende Wirtschaftskrise in Europa macht die Arbeit - im Vergleich zur Preissteigerung - billiger. Wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Montag mitteilte, lagen die Arbeitskosten für Unternehmen 2014 bei 24,60 Euro pro Stunde.

Vor zehn Jahren waren es noch 19,80, was einem Anstieg um 24 Prozent entspricht. Für den selben Zeitraum betrug die Inflationsrate aber 26 Prozent. Deutlicher noch wird der Druck auf die Arbeitskosten, wenn man die vergangenen drei Jahre betrachtet: 2012 mussten Firmen für Löhne, Gehälter und Lohnnebenkosten 23,90 Euro in der Stunde aufwenden. Mit den 70 Cent mehr, die es heute sind, liegt auch dieser Wert unter der ohnehin schon geringen Preissteigerungsrate.

Die Durchschnittswerte verdecken dabei enorme Unterschiede von Land zu Land, die von 3,80 Euro in Bulgarien und 40,30 Euro in Dänemark reichen. Zudem verzeichnen die Staaten, in denen die Krise besonders hart zugeschlagen hat, auch in absoluten Zahlen nur minimale Anstiege oder sogar Rückgänge bei den Arbeitskosten. In Portugal etwa hatten Unternehmen im Jahr 2004 noch 11,30 Euro Personalkosten pro Stunde, zehn Jahre später sind es nur 13,10 - ein Zuwachs, der weit unter der Inflationsrate liegt. In Griechenland wiederum sind die Kosten pro Stunde als einzigem Land gegenüber 2004 gefallen - von damals 15,30 auf jetzt 14,60 Euro.

Betrachtet man nur die Lohnentwicklung - also ohne Lohnnebenkosten - wird noch klarer, wie sehr die Finanzkrise die Arbeitnehmer trifft. In den vergangenen Jahren drei Jahren ist der EU-Durchschnittslohn zwar von 18,10 auf 18,60 Euro die Stunde gestiegen - ein Zuwachs von 2,7 Prozent. Die Inflationsrate lag im selben Zeitraum mit 4,7 Prozent aber deutlich höher. Gerade für die Krisenstaaten im Euroraum ist diese Entwicklung teils politisch gewollt, um die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes zu erhöhen: Experten sprechen von interner Abwertung, da keine Anpassung des Wechselkurses möglich ist.

In diesem Zusammenhang verweist der CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul darauf hin, dass Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit durch den mit 33 Prozent höchsten Anteil der Lohnnebenkosten an den gesamten Arbeitskosten gebremst wird: "In Frankreich ist das Hauptproblem die mangelnde Flexibilität des Arbeitsmarktes. Die hohen Lohnnebenkosten sind ein Indiz dafür, dass wir in Europa die notwendigen Strukturreformen nicht hinbekommen. Dagegen ist sein grüner Abgeordneten Kollege Sven Giegold der Meinung, dass die laufende interne Abwertung zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit nicht funktioniere: "Nur über den Export kann Europa nicht aus der Krise kommen."

Im Exportland Deutschland sind die Arbeitskosten in den letzten zehn Jahren deutlich unter dem EU-Mittel angestiegen - um 17 Prozent. Die Inflation lag im selben Zeitraum für Deutschland bei 21 Prozent.

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