Kündigungsschutz, Kernkraft und Kopfpauschale

BERLIN. In den Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU/CSU werden alle wichtigen Themen behandelt. Der TV dokumentiert Schnittstellen und Streitpunkte:

FÖDERALISMUSREFORM: Einen neuen Anlauf zur Reform der Kompetenzverteilung von Bund und Ländern wollen sowohl SPD als auch Union. SPD-Chef Franz Müntefering und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber hatten 2004 bereits viele Punkte geklärt. Der Versuch scheiterte jedoch am Streit über die Zuständigkeit für die Bildungspolitik.ARBEITSMARKTPOLITIK: Heftigen Streit dürfte es über den Unions-Plan geben, den Kündigungsschutz zu lockern und mehr betriebliche Bündnisse möglich zu machen. An der Arbeitsmarktreform Hartz IV halten beide Seiten fest. Die SPD will aber, dass ältere Arbeitslose erst von 2008 an und nicht ab Februar 2006 höchstens 18 statt 32 Monate Arbeitslosengeld (ALG) I beziehen können. Außerdem soll der Satz für das ALG II im Osten auf Westniveau angehoben werden. Die Union lehnt dies ab.STEUERPOLITIK: Die Union will die von ihr geplante Mehrwertsteuererhöhung zunächst nicht thematisieren. Einigkeit besteht darin, weitere Steuervergünstigungen abzubauen. Bereits im Herbst 2003 legten Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und sein damaliger Kollege in Nordrhein-Westfalen, Peer Steinbrück (SPD), gemeinsam eine Streichliste vor, die bisher nur zum Teil umgesetzt wurde. Fraglich ist, ob die Unionspläne für eine weitere Senkung der Einkommenssteuersätze und die der SPD für eine höhere Steuer für Top-Verdiener vereinbar sind. Die beim Job-Gipfel von Regierung und Union im März 2006 verabredete Senkung der Unternehmenssteuer war vor der Wahl gescheitert. Hier könnte es wieder eine Annäherung geben.AUSSENPOLITIK: Der Streitpunkt eines Türkei-Beitritts zur Europäischen Union ist nach dem Beginn der Verhandlungen erst einmal entschärft. CDU und CSU lehnen eine Vollmitgliedschaft ab und sind für eine "privilegierte Partnerschaft" mit Ankara. Die SPD geht von einem Beitritt der Türkei zur EU nach mehrjährigen Verhandlungen aus. Eine Entscheidung steht in den nächsten Jahren nicht an.ENERGIEPOLITIK: Die Union will den von Rot-Grün in deren Regierungszeit beschlossenen Atomausstieg rückgängig machen. Es sollen aber nur die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert und keine neuen Meiler gebaut werden.GESUNDHEIT: "Bürgerversicherung kontra Kopfpauschale" - in der Gesundheitspolitik liegen SPD und CDU/CSU weit auseinander. Die SPD will eine Bürgerversicherung, in die je nach Leistungsfähigkeit eingezahlt werden soll. Das Modell, bei dem Beamte und Selbstständige einbezogen würden, ist auch bei der Pflegeversicherung vorgesehen. Die Union will mit der einkommensunabhängigen "Gesundheitsprämie" die Finanzierung des Gesundheitswesens von den Lohnnebenkosten abkoppeln. Die Pflegeversicherung soll um kapitalgedeckte Elemente ergänzt werden. Die SPD hält das Vorhaben für unsozial.

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