Kurt Beck verteidigt den harten Sparkurs der Regierung

Mainz · Weniger Polizisten, Lehrer und Beamte, dennoch "Sicherheit im Wandel": Auf diesen Nenner bringt Ministerpräsident Kurt Beck vor dem Landtag das Regierungsprogramm der neuen rot-grünen Landesregierung.

 Recht und Gerechtigkeit symbolisiert die Statue der Justizia. MInisterpräsident Kurt Beck hat erklärt, dass er an den Gerichten in Mainz und Koblenz massiv sparen will. Foto: i-stock

Recht und Gerechtigkeit symbolisiert die Statue der Justizia. MInisterpräsident Kurt Beck hat erklärt, dass er an den Gerichten in Mainz und Koblenz massiv sparen will. Foto: i-stock

Mainz. Zu Beginn einer neuen Wahlperiode schlägt die Stunde der Rituale. Die Wahl des Ministerpräsidenten, die Ernennung der Minister und Staatssekretäre, die Regierungserklärung - all das folgt seit Jahrzehnten den gleichen Spielregeln. Und doch ist es am Mittwoch etwas anders, als Regierungschef Kurt Beck im Landtag zwei Stunden und zehn Minuten lang das Programm vorliest, dem SPD und Grüne bis 2016 folgen wollen.
Diesmal lauscht die Opposition nicht andächtig und still, diesmal gibt es höhnische Zwischenrufe. Vor der Sitzung hat die CDU gegen die ihrer Ansicht nach falschen Töne des Streichkonzerts protestiert.
Überall weniger Personal


Das Sparpaket der Regierung ist eine zentrale Herausforderung, die Beck benennt. Es umfasst jährlich 220 Millionen Euro und sorgt für Aufruhr bei Beamten, Juristen, Lehrern, Polizisten, Gewerkschaften und Verbänden. "Natürlich müssen wir die Ausgaben senken", erklärt Beck. Manche Kürzungen würden wehtun, andere werde der Bürger nicht wahrnehmen. Kernbereiche wie die kostenfreien Bildungseinrichtungen, die Jugend- und Kulturförderung und der ökologische Umbau der Energieversorgung würden nicht angetastet.
Dafür trifft es die Landesverwaltung. Alle Dienststellen müssen ihren Personalstand zurückfahren. Betroffen sind Finanz-, Grundbuch-, Vermessungs- und Katasterämter. Frühere Vorschläge des Landesrechnungshofes waren noch etwas belächelt worden, nun folgt man ihnen.
Einschränkungen für die Landesbediensteten wie die auf ein Prozent beschränkten Gehaltssteigerungen für Beamte gälten "selbstverständlich in vollem Umfang auch für die Minister und Staatssekretäre", sagt der Ministerpräsident. Drei Berufsgruppen greift Kurt Beck gesondert auf. Vehement verteidigt er, dass 2000 Lehrerstellen künftig wegfallen sollen. "Wir stellen 1000 Stellen über Bedarf zur Verfügung", hält der Regierungschef dem entgegen. Dass die Polizei mit 9014 Beamten und damit 350 weniger auskommen soll, sei "Ergebnis einer sorgfältigen fachlichen Analyse". Er sei sicher, dass es künftig ausreichend Polizisten vor Ort gebe.
Zur Reform in der Justiz, bei der in Koblenz ein Oberlandesgericht und eine Generalstaatsanwaltschaft sowie das Verwaltungsgericht in Mainz wegfallen sollen, betont der Ministerpräsident: Es geht um die Organisation, nicht um die Unabhängigkeit der Justiz.
Die Entscheidung darüber sei "eine politische". In Ländern wie Hessen und Sachsen gebe es weitreichendere Schritte.
Die verkündeten Sparmaßnahmen sind noch nicht das Ende der Fahnenstange. Zwei Drittel des erforderlichen Beitrages seien gesichert, sagt Beck. Ein Drittel bleibt offen. Rot-Grün hofft auf sprudelnde Steuereinnahmen durch die gute Konjunktur und will bei den jeweiligen Haushaltsberatungen entscheiden, ob und wo noch gespart werden muss.
Das sozial-ökologische Leitbild wird an der zweiten Herausforderung deutlich, die der 62-Jährige nennt: Alle Menschen stünden vor der "unabweisbaren Aufgabe, den ökologischen Strukturwandel zu organisieren".
Gelingen soll die Deckung des Strombedarfs zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien bis 2030 mit der fünffachen Zahl an Windrädern, mehr Solarparks, Kraft-Wärme-Kopplung und energetischen Gebäudesanierungen. Dazu sollen der Landesentwicklungsplan geändert und die Angebote der Verbraucherberatungen ausgeweitet werden.
Die dritte zentrale Aufgabe der neuen Landesregierung ist laut Beck die Gestaltung des demografischen Wandels mit dem Schrumpfen und Älterwerden der Bevölkerung. "Für mich am wichtigsten: Wie gelingt das Miteinander der Generationen?", verdeutlicht der bärtige Pfälzer.
Kurt Beck unterstreicht ansonsten die guten Kontakte zur Wirtschaft und sein Herz für die Bürgerbeteiligung. Deren Organisation wird in der Staatskanzlei zur Chefsache.
Während Verbände und FDP-Chef Volker Wissing das Regierungsprogramm teils scharf kritisieren, schlägt erst heute im Landtag die Stunde von Oppositionsführerin Julia Klöckner. Besonders spannend an der ersten Rede der CDU-Chefin im Landtag ist, ob sie versöhnliche Töne anschlägt oder die harten Attacken ihres Vorgängers Christian Baldauf und ihre eigenen im Wahlkampf fortsetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort