Staatsbesuch Kurz mal in Berlin

Berlin · Der österreichische Bundeskanzler besucht Angela Merkel. Die Europa- und Flüchtlingspolitik bleibt zwischen beiden umstritten.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Gast,  Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, am Mittwoch in Berlin beim Empfang mit militärischen Ehren vor dem Kanzleramt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Gast,  Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, am Mittwoch in Berlin beim Empfang mit militärischen Ehren vor dem Kanzleramt.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Angela Merkel und Sebastian Kurz sind nicht gerade ein Herz und eine Seele. Der neue österreichische Regierungschef hat die Asylpolitik der deutschen Kanzlerin immer wieder kritisiert. Bei seinem Antrittsbesuch in Berlin sind die politischen Differenzen spürbar.

Immerhin, es schneit und regnet nicht mehr. Als Angela Merkel und ihr Gast aus Wien am Dienstag die Ehrenformation der Bundeswehr vor dem Kanzleramt abschreiten, lockert der graue Himmel sogar ein bisschen auf. Hier trifft jetzt Jugend auf Erfahrung. Sebastian Kurz ist gerade mal 31, Merkel 63. Der Österreicher hat allerdings schon einen atemberaubenden politischen Aufstieg absolviert: mit 24 Staatssekretär für Integration, drei Jahre später Außenminister, mit 30 Vorsitzender der konservativen ÖVP und seit kurzem nun Kanzler einer Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ. Eine Partei, die schon öfter eine Volksabstimmung über den EU-Austritt Österreichs gefordert hatte.

Auch wenn Kurz das rundum ablehnt, so gibt es zwischen Wien und Berlin doch deutliche Dissonanzen in der Europa- und Migrationspolitik. Anders als die Bundeskanzlerin hatte sich Kurz zum Beispiel für die Schließung der Balkan-Route stark gemacht – und so am Ende mit dafür gesorgt, dass die Flüchtlingszahlen auch in Deutschland gesunken sind. Die Verteilung der Flüchtlinge in der EU nach einer bestimmten Quote hält Kurz im Gegensatz zu Merkel für einen Irrweg. Und mehr Geld an den EU-Haushalt überweisen, wie es Union und SPD in ihrer Sondierungsvereinbarung angedeutet haben, will Kurz schon gar nicht.

Viel Diskussionsbedarf also für die Kanzlerin und den Kanzler. Wohl auch deshalb dauert ihr Gespräch hinter verschlossenen Türen gut eine halbe Stunde länger als geplant. Bei der anschließenden Pressekonferenz geben sich Merkel und Kurz dann allerdings betont entspannt und locker. Der junge Mann aus Österreich preist die „geschätzte Frau Bundeskanzlerin“, lobt die Partnerschaft zwischen beiden Ländern und erklärt, dass man in „vielen Bereichen eine starke Übereinstimmung“ habe.

Neben allen Artigkeiten treten aber auch die Differenzen deutlich zu Tage. „Ich bin überzeugt davon, dass die Lösung der Migrationsfrage in einem ordentlichen Außengrenzenschutz und einer stärkeren Hilfe vor Ort liegt“, sagt Kurz. Die Diskussion über eine Verteilungsquote nehme da „etwas zu viel Raum“ ein. Merkel dagegen zweifelt an der Realisierbarkeit sicherer Außengrenzen und betont: „Dann kann es nicht sein, dass es Länder gibt, die sagen, an der europäischen Solidarität beteiligen wir uns nicht“. Das halte sie für „falsch“, schiebt Merkel noch nach. Und während sich die deutsche Kanzlerin „zusätzliche Mittel in einem begrenzten Umfang“ für den EU-Haushalt „vorstellen“ kann, weil die Briten ja die EU verlassen, redet Kurz von der Notwendigkeit, dann eben „sparsamer“ zu werden und Reformen durchzuführen.

Das heikle Thema FPÖ und Rechtspopulismus wird bei dem Treffen diplomatisch umschifft. Als sich eine Journalistin danach erkundigt, betont Merkel, dass man die neue Regierung in Wien „an ihren Taten messen“ werde. Kurz nimmt den Ball dankbar auf und spricht von einer „starken Demokratie“ in seinem Land. Zum Schluss kommt sogar Heiterkeit auf, als Merkel listig gefragt wird, ob sie sich einen so jungen und forschen Mann auch mal an der Spitze der Union vorstellen könne. Kurz sei jung, „das ist nicht zu bestreiten“, aber es gehe um eine „gute Mischung“, kontert die CDU-Dauervorsitzende. „Mir sind Jüngere genau lieb wie Ältere“. Spricht`s und schüttelt Kurz lange die Hand.

Der Staatsgast muss dann auch gleich weiter. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) will ihn auch noch sprechen. Danach steht die Aufzeichnung einer ARD-Talk-Show an.

Und zum Abschluss seiner Berlin-Visite trifft Kurz an diesem Donnerstag noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

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