Länder fordern von Merkel "faire Lastenteilung" bei Flüchtlingskosten

Berlin/Bremen (dpa) · Die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge in Deutschland geht zwar zurück. Bundesländer und Kommunen haben aber alle Hände voll zu tun mit der Integration der bereits Angekommenen. Und dafür fordern sie vom Bund mehr Geld.

Vor einem Spitzentreffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin pochen die Länder auf mehr Geld vom Bund für die Flüchtlingskosten. Gleichzeitig rechnen sie in dem Punkt mit schwierigen Verhandlungen: Die aktuellen Signale von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seien eher enttäuschend, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Bremens Regierungschef Carsten Sieling (SPD), der Deutschen Presse-Agentur.

"Sie lassen nicht erkennen, dass der Bund bereit ist, sich seiner Verantwortung für eine erfolgreiche Integration der Menschen in unsere Gesellschaft wirklich zu stellen." Die MPK tagt am Freitag in Berlin, und die Ministerpräsidenten treffen im Anschluss Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Im Mittelpunkt: Die Flüchtlingspolitik. An die Adresse Merkels formulierte Sieling die Länder-Forderung nach einem "wirklich fairen Lastenausgleich". Die Folgen international ausgelöster Einwanderung landeten derzeit einseitig vor Ort bei Ländern und Kommunen. Die Bundesländer streben an, dass der Bund mindestens der Hälfte der Aufwendungen für Flüchtlinge übernimmt. Ob Kassenwart Schäuble dazu bereit ist, ist offen. Allerdings will er den Ländern zumindest erneut entgegenkommen. Nach dpa-Informationen will der Bund bei den Kosten der Unterkunft bis zu 500 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen. Zudem sei der Bund bereit, die genaue Abrechnung bei der 2015 vereinbarten Asylkosten-Pauschale vorzuziehen, so dass den Ländern bei höheren Flüchtlingszahlen als unterstellt das Geld schneller und schon in diesem Jahr bereitstünde.

"Brauchen nicht nur gute Ratschläge"

Das Bundesfinanzministerium wollte sich auf Anfrage am Donnerstag zunächst nicht zu dem Angebot äußern. Der Vorschlag sollte am Donnerstagabend auch bei einem Treffen von Merkel, Schäuble sowie fünf Ministerpräsidenten erörtert werden, bei dem es um die geplante Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern ging. Integration sei immer ganz konkret, sagte Sieling. Das wüssten die Kommunen und Städte. "Denn sie sind es, die Schul- und Kindergartenplätze schaffen, Wohnungen bauen, Sprachförderung organisieren. In all diesen Bereichen brauchen sie nicht nur gute Ratschläge, sondern die handfeste Unterstützung des Bundes, vor allem auch finanziell", so der SPD-Politiker. "Ich habe kein Verständnis dafür, dass einige wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen und auf die schwarze Null starren, anstatt diese wichtige Aufgabe endlich anzupacken", kritisierte er.

Der Bund sei auch gefordert, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in die Lage zu versetzen, dass Asylanträge zügig bearbeitet werden, damit die Kommunen Planungssicherheit bekämen und handeln könnten. Der Bund geht bisher von gesamtstaatlichen Flüchtlingskosten in diesem Jahr von gut 20 Milliarden Euro aus. Davon trägt allein der Bund bisher acht Milliarden Euro. Das entspricht der üblichen Aufteilung von Steuereinnahmen und Kosten und dem Bundesanteil von 40 Prozent. Die Länderkosten belaufen sich auf etwa 17,5 Milliarden Euro. Darunter fallen allerdings auch Ausgaben des Bundes von 4,5 Milliarden, die von dem Betrag abgezogen werden müssen. Daraus ergeben sich unterm Strich gut 20 Milliarden Euro. Die Länder hantieren teils mit anderen Zahlen. Das von der großen Koalition auf den Weg gebrachte Integrationsgesetz bezeichnete Sieling als "wichtigen Schritt". Das gelte besonders mit Blick auf die Integration in die Ausbildung und den Arbeitsmarkt. "Aber es wartet noch eine ganze Menge Arbeit auf den Bund."

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