Lafontaine warnt Parteifreunde: Kloppt euch nicht wie die Kesselflicker!

Der ehemalige Vorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine, mahnt seine Partei zur Zurückhaltung im Umgang mit seinem Nachfolger Klaus Ernst. In einem Interview mit unserer Zeitung warnt Lafontaine zudem seine Parteifreunde in Rheinland-Pfalz, ihren ausufernden Streit fortzusetzen.

Berlin. (vet) Anstatt sich zu streiten, solle sich die Linke in Rheinland-Pfalz auf den Einzug in den Landtag konzentrieren. Das rät ihnen ihr früherer Parteichef auf Bundesebene, Oskar Lafontaine. Mit ihm sprach unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter:

Herr Lafontaine, im Linken-Landesverband Rheinland-Pfalz ist die Zwietracht längst ausgebrochen. Hat die Linke bei den bevorstehenden Landtagswahlen dadurch schlechte Karten?

Lafontaine: Ich kann die Linke in Rheinland-Pfalz nur warnen, sich so zu kloppen wie die Kesselflicker, wie beispielsweise die Koalition in Berlin. Was dabei herauskommt, sieht man an den Umfragewerten von CDU/CSU und FDP. Die Linke in Rheinland-Pfalz muss jetzt gemeinsam um den Einzug in den Landtag kämpfen.

Wie gefällt Ihnen der Slogan "Reichtum begrenzen"?

Lafontaine: Der gefällt mir sehr gut. Er ist umzusetzen durch einen höheren Spitzensteuersatz, eine Millionärssteuer und durch eine höhere Erbschaftsteuer auf große Vermögen, wie die Linke es fordert.

Warum fängt die Linken-Spitze da nicht bei sich selbst an? Über die üppigen Einkünfte ihres Amtsnachfolgers Klaus Ernst gibt es massiven Unmut in der Partei.

Lafontaine: Die Linke kann die Steuern nicht allein erhöhen. Entsprechende Anträge im Bundestag, die auch viele Spitzenpolitiker der Linken treffen würden, lehnen die anderen Parteien bislang ab. Im Übrigen wird sich der Bundesvorstand noch einmal mit der Bezahlungsreglung für die Vorstandsmitglieder befassen. Er hat die Mitglieder aufgefordert, ihre Kritik in den Gremien vorzubringen und nicht in den Medien. Daran halte ich mich.

Kreisverbände im Osten klagen, dass sie nur ein Jahresbudget von 1700 Euro für die politische Arbeit hätten. Wie passt das zu Ernsts Einkünften von rund 13 000 Euro im Monat?

Lafontaine: Noch einmal, ich halte mich an die Vorgabe des Vorstands. Es hat keinen Sinn, dass sich die Partei wochenlang öffentlich mit einer einzigen Frage beschäftigt.

Für SPD-Chef Sigmar Gabriel sind Sie immer noch "quasi der Geheimrat" der Linken. Hat er Recht?

Lafontaine: Der Titel Geheimrat war für Bürgerliche ein Ehrentitel. Mich belustigt er eher. Wenn Sigmar Gabriel meint, dass mein Wort noch Gehör findet in der Partei, dann ist das wohl selbstverständlich. Schließlich war ich einige Jahre lang ihr Vorsitzender.

Was heißt das für die amtierende Führung?

Lafontaine: Vorsitzende der Partei sind Gesine Lötzsch und Klaus Ernst. Sie machen ihre Sache gut. Die Diskussion, wer wie viel Einfluss hat, kenne ich schon aus meiner Zeit als SPD-Vorsitzender. Sie wurde immer angezettelt, um Zwietracht in der Führung zu säen. Vor solchen Debatten kann ich uns nur warnen.

Nach der Bundespräsidentenwahl scheinen die Fronten zwischen Linken und SPD verhärteter denn je zu sein. Wie erklären Sie sich das?

Lafontaine: SPD und Grüne wollten, dass wir einen Kandidaten mit wählen, der die Linke für überflüssig hält und zum Teil gänzlich andere politische Auffassungen vertritt als wir. Das kommentiert sich von selbst. Nach wie vor gilt: Eine Zusammenarbeit der Linken mit SPD und Grünen auf Bundesebene bleibt ausgeschlossen, so lange diese beiden Parteien Sozialabbau und Krieg befürworten.

Andererseits tolerieren die Linken in Düsseldorf eine rot-grüne Landesregierung. Ist das ein Zukunftsmodell für den Westen?

Lafontaine: In Düsseldorf gibt es keine Tolerierung im klassischen Sinn, sondern die Linke stimmt den Vorlagen zu, die ihrem Wahlprogramm entsprechen. Auf West-Länderebene ist eine Zusammenarbeit von SPD, Grünen und der Linken ohne weiteres möglich. Sie ergibt sich aus Gemeinsamkeiten vor allem in der Bildungs-, der Energie- und der Kulturpolitik sowie bei der Mitbestimmungsfrage der Beschäftigten. Eine reguläre Zusammenarbeit in einer Regierung ist in Hamburg, Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland bislang entweder an der SPD oder den Grünen gescheitert.

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