Land spart und macht zwei Milliarden Schulden

Begleitet von Protestaktionen der Opposition hat Finanzminister Carsten Kühl (SPD) am Mittwoch im Landtag den Haushaltsentwurf für 2011 eingebracht. Das Land kürzt die Ausgaben, macht aber gleichzeitig zwei Milliarden Euro neue Schulden.

Mainz. Wenn jemand die Botschaft verkündet, dass er spart, auf der anderen Seite aber neue Kredite aufnimmt, dann nennt sich das in Politikerdeutsch so: "Klug sparen in sozialer Verantwortung". Diese Titelzeile trägt die Haushaltsrede von Minister Carsten Kühl, die er gestern in rekordverdächtig kurzen 45 Minuten im Landtag hielt. Vorgänger Ingolf Deubel brachte es einst locker auf eineinhalb Stunden.

Kühl beschrieb zunächst die Rahmenbedingungen seines Zahlenwerkes. Der Minister warnte davor, die Wirtschaftskrise und deren Folgen seien noch nicht überwunden. Die Steuereinnahmen lägen deutlich unter denen des Jahres 2008. Die in Berlin beschlossenen Steuersenkungen wirkten ebenfalls nachteilig. Das seien die Gründe für den "exorbitanten Anstieg unseres Defizits". Läuft alles wie geplant, hat das Land Ende kommenden Jahres 35,4 Milliarden Euro Schulden.

Weil das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gestört sei, nimmt die Landesregierung laut Kühl die in der Verfassung vorgesehene Ausnahmeregelung zur Kreditaufnahme in Anspruch. Das heißt: 2011 werden fast zwei Milliarden Euro Schulden gemacht.

Kühl zeigte auf, wie die Landesregierung den Haushalt "konsequent sanieren" will. Nachdem sich alle Fraktionen des Landtags auf eine Schuldenbremse verständigt haben, müssen die jährlichen Kreditaufnahmen bis 2020 auf null zurückgefahren werden. Das Land rechnet damit, dass die Steuersenkungen um die Hälfte zurückgenommen werden und außerdem 60 Millionen Euro "sonstige Einnahmen" fließen.

Andererseits sollen bei den Ausgaben pro Jahr 160 Millionen Euro gespart werden. "Die zu meisternden Einschnitte werden von uns allen Opfer verlangen", prophezeit Finanzminister Kühl.

Der Haushalt 2011 soll einen Einstieg in die Schuldenbremse darstellen. Mit folgenden Zielen:

Die Ausgaben werden um 163 Millionen Euro zurückgefahren und sinken auf 13,4 Milliarden Euro. Darin enthalten sind unter anderem Kürzungen der Verfügungsmittel für Minister und Staatssekretäre und der Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit, laut Kühl die "richtigen Signale".

In den Mittelbehörden (ADD, SGD) fallen binnen drei Jahren 200 Stellen weg.

Wofür wird das meiste Geld ausgegeben? Die Landesregierung nennt die Bildungspolitik den "eindeutigen finanziellen Schwerpunkt". Die Kindertagesstätten sollen mit 25 Millionen Euro mehr profitieren, für den Ausbau der Ganztagsschulen sind sechs Millionen Euro mehr veranschlagt. Zusätzliche Mittel in noch nicht genannter Höhe sollen dazu dienen, Unterrichtsausfall an den Schulen zu vermeiden.

CDU und FDP werden morgen in der Haushaltsdebatte des Landtags umfassend Stellung beziehen. Allerdings sorgten beide Parteien schon am Mittwoch mit Protestaktionen für Aufsehen. Die Jungen Liberalen verteilten einen selbst erstellten "Kontoauszug" mit der Aufforderung, die Regierung solle das immense Defizit ausgleichen. CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner fällte ein vernichtendes Urteil: "Wenn eine Familie so verantwortungslos wirtschaften würde, wären längst Haus, Auto und Lebensversicherung weg." EXTRA Protest: Mit einer gegenüber dem Landtag aufgebauten Carrera-Bahn in Anspielung auf die Nürburgring-Affäre geißelte die CDU am Mittwoch die "Schuldenpolitik" von Ministerpräsident Kurt Beck. Seit dessen Amtsantritt 1994 sei die Verschuldung des Landes von 13,4 Milliarden auf mehr als 34 Milliarden Euro gestiegen. Sparbemühungen seien nicht zu erkennen. Finanzminister Kühl nannte dies "Klamauk". (fcg)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort