Landesinnenminister: Anschlag in Deutschland nicht ausgeschlossen

Mainz/Berlin · Nach den Attentaten in Paris und dem Anti-Terror-Einsatz in Belgien wächst auch in Deutschland der Druck auf die Radikalen. In Berlin wurden zwei mutmaßliche Islamisten festgenommen. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz schließt einen Anschlag in Deutschland nicht aus.

Mainz/Berlin. Die Angst wächst. Die Angst vor islamistischen Anschlägen in Deutschland. Auszuschließen seien diese nicht, sagt der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD). Zwar bleibt der Vorsitzende der Innenministerkonferenz weiter bei seiner Einschätzung: "Wir haben bisher keine konkreten Hinweise auf einen Anschlag, die abstrakte Gefährdung ist jedoch extrem hoch." Doch, so Lewentz gegenüber unserer Zeitung, Deutschland sei Teil eines weltweiten Gefahrenraumes und "Zielspektrum des islamistisch motivierten Terrorismus".
Gestern hat die Polizei bei einem Großeinsatz gegen gewaltbereite Islamisten in Berlin zwei Terrorverdächtige festgenommen. Die beiden Türken, 41 und 43 Jahre alt, sollen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterstützt und einen Anschlag in Syrien vorbereitet haben, wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Freitag mitteilten.
Einen Zusammenhang mit den Anschlägen in Frankreich gebe es nicht, heißt es. Laut Lewentz gibt es derzeit in Deutschland 260 Personen, von denen besondere Gefahren ausgingen. "Ihre Aktivitäten stehen im besonderen Fokus der polizeilichen Aufklärung." Die Polizei treffe bundesweit abgestimmte Maßnahmen wie die Aufnahme der Verdächtigen in die Antiterrordatei. Es finde ein Informationsaustausch mit Sicherheits-, Verwaltungs- und Justizbehörden statt.
Bei entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen könnten für die betreffenden Personen auch Ausreisebeschränkungen verhängt werden, sagt Lewentz. "Nach den Anschlägen von Paris wurden bei diesen Personen sogenannte Verbleibskontrollen durchgeführt." Diese dauerten an. Die Bewertung der Gefährdungslage in Deutschland erfolgt durch das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter.
Die Abstimmung der Sicherheitsbehörden und Auswertung der dort gesammelten Erkenntnisse erfolge in dem 2004 eingerichteten Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum in Berlin. Das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt (LKA) hat wie alle Kriminalämter der Bundesländer einen Vertreter in das Zentrum entsandt.
Bei der für den Grenzschutz zuständigen Bundespolizei hält man sich weiter mit konkreten Informationen über Sicherheitsmaßnahmen zurück. So ist aus dem Bundespolizeipräsidium in Potsdam nicht zu erfahren, ob es etwa nach Belgien derzeit Grenzkontrollen gibt. Die getroffenen Maßnahmen würden "bei Erfordernis der Lage angepasst".
Die Sicherheitsorgane in Rheinland-Pfalz seien derzeit jedenfalls besonders wachsam, sagt Lewentz. Die Polizeibehörden sammelten entsprechende Erkenntnisse und tauschen sie untereinander "im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten" aus. Dazu gehöre auch die Identifizierung und Einstufung der in Rheinland-Pfalz lebenden Islamisten.
Das LKA bewerte permanent die einlaufenden Informationen im Hinblick auf eine Gefährdung von Personen oder Einrichtungen im Land. Lägen entsprechende Erkenntnisse vor, etwa für US-Militäreinrichtungen oder Synagogen, würden Schutzmaßnahmen angeordnet, so der Innenminister.
Zu den Sicherheitsmaßnahmen gehöre auch ein ständiger Informationsaustausch mit den angrenzenden Ländern. Eine besondere Rolle kommt der 2003 errichteten gemeinsamen Stelle für die grenzüberschreitende Polizeiarbeit in Luxemburg zu. Dort arbeiten Polizisten aus Belgien, Frankreich, Luxemburg und Rheinland-Pfalz zusammen. "Die gemeinsame Stelle sorgt für einen reibungslosen Informationsfluss und ist somit für die Lagebewertung von Bedeutung", sagt Lewentz.Extra

Nach den Anschlägen in Paris befürchten 70 Prozent der Deutschen, dass auch hierzulande in nächster Zeit Terroranschläge von Islamisten verübt werden, 26 Prozent rechnen nicht damit. Dies geht aus dem aktuellen ZDF-Politbarometer hervor. Die Terrorangst ist damit gegenüber September 2014 gestiegen, vor vier Monaten glaubten 60 Prozent, dass in Deutschland islamistischer Terror droht, 37 Prozent gingen nicht davon aus. Für knapp die Hälfte (49 Prozent) wird bei uns zum Schutz vor Terror genug getan, 36 Prozent sehen Defizite. Dieser Anteil ist gegenüber vergangenem September (28 Prozent) angestiegen, für ausreichend hielten die Anti-Terror-Maßnahmen damals 55 Prozent. dpa

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