Lange genug gewartet

Tiefste Provinz, strukturschwacher Raum, preußisch Sibirien: Das waren die Attribute, mit denen die Region Trier bis vor wenigen Jahren beschrieben wurde - teilweise sogar von Einheimischen. Denn die Schwäche erleichterte den Weg zu Förderprogrammen und Zuschüssen.

Mit den aktuellen wirtschaftlichen Eckdaten lässt sich für Trier und das Umland eine eklatante Strukturschwäche nicht mehr belegen. Die Menge der in der Stadt und den umliegenden Landkreisen produzierten Waren und Dienstleistungen - Ökonomen nennen das Bruttoinlandsprodukt - ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich stärker gewachsen als der Landesdurchschnitt. Einzige Ausnahme ist hier der Landkreis Vulkaneifel. Damit hat sich zumindest der größte Teil der Region im gesicherten rheinland-pfälzischen Mittelfeld etabliert. Dank der Nachbarschaft zu Luxemburg herrscht zudem praktisch überall Vollbeschäftigung.

Das Einzige, was zwischen Eifel, Mosel und Hunsrück noch zutiefst provinziell wirkt, ist die verkehrstechnische Erschließung. Die Region liegt zwar im Herzen Europas, hat aber bisher keine direkte Autobahnanbindung an einen relevanten Ballungsraum - weder nach RheinRuhr, noch nach Rhein-Main. Auch ohne angemessene Fahrbahnen führt die Zentralität jedoch Tausende schwerer Lastwagen durch die Region, die dann zum großen Teil über Bundes- und Landesstraßen rumpeln, keine Maut bezahlen und den Straßenverkehr innerhalb der Region zum Stocken bringen. Förderlich für die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist das nicht.

Wenn die zentrale Lage in Europa nicht nur ein geografischer Begriff, sondern ein wirtschaftliches Pfund werden soll, mit dem die Region - inklusive des auch bisher schon weitabgeschlagenen Landkreises Vulkaneifel - wuchern kann, muss die Lücke in der A 1 Richtung Köln endlich geschlossen werden, auch wenn dafür weitere rund 320 Millionen Euro nötig sind.

Nachdem der Lückenschluss ursprünglich schon für 1970 versprochen war, ist es 40 Jahre später höchste Zeit das Projekt konsequent zu Ende zu bringen. Denn selbst wenn alles glatt läuft und keine langwierigen Klagen zum Schutz irgendwelcher Haselhühner eingereicht werden, wird das Herz Europas damit frühestens im Jahr 2020 richtig zu schlagen beginnen. Darauf hat die Region - allen voran die Vulkaneifel - lange genug gewartet.

l.ross@volksfreund.de

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