Leben für den Teller

A uch wenn es einem Großteil der Bevölkerung nach wie vor egal ist, wo das Fleisch aus der Tiefkühltheke eigentlich herkommt, so interessieren sich dennoch immer mehr Konsumenten für die Herkunft dessen, was sie verzehren. Der TV hat einen Schweinemastbetrieb in Eisenach (VG Irrel) besucht, wo die Tiere den Zeitraum zwischen Aufzucht und Schlachtung verbringen.



Das Leben der meisten Schweine beginnt unromantisch: in der Ferkelaufzucht. Hier wird die Sau entweder durch natürliche oder aber künstliche Besamung befruchtet. 114 Tage trägt das Tier, bevor es dann um die zehn bis zwölf Ferkel wirft. Die ersten drei bis vier Wochen verbringen die jungen Tiere gemeinsam mit ihrer Mutter in so genannten Abferkelbuchten oder -abteilen, wobei sich die Sau in einer Art Käfig (Ferkelschutzkorb), befindet, durch dessen Stäbe die Ferkel durchpassen und so gestillt werden können.

Hat das Ferkel ein Gewicht von ungefähr fünf Kilogramm erreicht, wird es vom Muttertier getrennt und kommt in den Aufzuchtstall. Dort teilt es sich mit weiteren Altersgenossen eine Stallbucht und wird gefüttert, bis es rund 30 Kilogramm schwer ist. Gut drei Monate hat das Ferkel zu diesem Zeitpunkt auf dem Buckel, ist dann bereit für die eigentliche Mast, mit der es schließlich die zweite Hälfte seines Lebens verbringen wird. Für die Schweine, die auf dem Hof der Familie Hankes in Eisenach (VG Irrel) gemästet werden, liegt die räumliche Entfernung der beiden Lebensabschnitte bei knapp 13 Kilometern. Denn der Schweinemastbetrieb bezieht seine Ferkel ausschließlich aus einem in Dockendorf (VG Bitburg-Land) ansässigen Aufzuchtbetrieb. Alle sechs Wochen werden 250 Ferkel gekauft, mit einer Futtermischung aus eigenem Getreide und Soja-Schrot gefüttert.

"Das Schwein benötigt pro Tag ungefähr drei Kilo Futter, um ein Kilogramm zuzunehmen", sagt Tobias Hankes, der gemeinsam mit seinem Vater Rudolf den Betrieb führt. Drei Kilo pro Tag, das sind in den 90 Tagen, die das Tier in Eisenach gemästet wird, 270 Kilo. Und damit beginnt ein Teil der Rechnung, die momentan nicht wirklich aufgeht.

Denn bis zur Schlachtreife koste das Tier 130 Euro, Arbeits- und Stallkosten nicht mitgerechnet, erklärt Tobias Hankes. Da aber wegen des Dioxin-Skandals der weltweite Bedarf an deutschem Schweinefleisch gesunken sei, liege der Verkaufspreis pro Schwein derzeit bei durchschnittlich 112 Euro.

Vor drei Wochen seien es noch 148 Euro gewesen, fügt er hinzu. "Wir zahlen also jeden Morgen Eintritt, wenn wir in den Stall gehen", sagt Rudolf Hankes. Und das nur, weil profitgierige Unternehmer im Norden der Republik verunreinigtes Tierfutter in Umlauf gebracht haben. Dass davon auf dem Hof der Familie Hankes nie etwas angekommen ist, interessiert beispielsweise China recht wenig. So verhängte das Land, in dem 1,3 Milliarden Menschen leben, ein Importverbot für deutsches Schweinefleisch.

Zwar gehen sowohl Vater als auch Sohn davon aus, dass sich der Markt bald wieder beruhigen wird, doch weil die Gewinnspanne auch ohne Dioxin-Skandale oder Schweinepest zu wünschen übrig lässt, wird seit ungefähr zehn Jahren ein Teil der Schweine selbst vermarktet. Samstags morgens kommen diese Tiere zum EU-Schlachthof nach Bollendorf (VG Irrel), montags wird das Fleisch beim Metzger in Ralingen (Trier-Land) zerlegt, dienstags und mittwochs die Ware zu Wurst verarbeitet und an den beiden restlichen Tagen schließlich verkauft. Mit einem eigenen Verkaufswagen, der donnerstags in Trier bei einem Gartencenter und freitags schließlich vor dem Hof der Familie Hankes steht. Zudem bietet der Senior seine hauseigenen Spanferkel an, die vor einem Jahr mit dem Siegel der "Regionalmarke Eifel" zertifiziert wurden. Geht das Schwein den Weg der Selbstvermarktung, sind es von der Schlachtung bis zum Verkauf fünf bis sechs Tage. Auch für die übrigen Tiere endet die 90-tägige Mast in Eisenach mit dem Transport nach Bollendorf, wo die Tiere getötet und anschließend zerlegt werden.

Zu den Kunden dieses Schlachthofs gehören unter anderem regionale Fleischereien, aber auch der Groß- und Einzelhandel sowie Restaurants. Knapp ein halbes Jahr liegt somit zwischen der Geburt des Ferkels und dem Endprodukt, das dann als Schnitzel auf dem Teller eines Restaurants, in der Frischetheke einer Metzgerei oder aber im Kühlfach eines Supermarkts landet.

Uwe Henschel

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