Lehrer: Nachwuchs dringend gesucht

Berlin · Früher galt der Lehrerberuf als Traumjob - solides Einkommen, gehorsame Schüler und gemäß Klischee viel freie Zeit. Das war einmal. Den Bundesländern gehen die Pädagogen aus. Auch weil sich die Arbeitsbedingungen rapide verschlechtert haben.

Berlin. Das Interesse am Lehrerberuf hat deutlich nachgelassen. "Der Lehrermangel in Deutschland wird immer größer", sagte gestern der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ulrich Thöne. Die GEW stellte in Berlin ihren neuen Lehrerarbeitsmarktbericht vor.

Wie sieht die momentane Lage aus?

Die derzeitige Einstellung von Lehrkräften reicht laut GEW nicht, um die Lehrer, die in Pension und Rente gehen, durch voll ausgebildete Junglehrer zu ersetzen. Dazu müssten die Länder die Referendariatsstellen von derzeit 30 000 auf 39 000 aufstocken. Außerdem haben nach Angaben von GEW-Vorstandsmitglied Ilse Schaad die Länder seit 2003 rund 7500 Lehrer weniger eingestellt, als die Kultusministerkonferenz (KMK) errechnet habe.

Welche Entwicklung wird der Lehrerarbeitsmarkt nehmen?

Die Pensionswelle rollt weiter über die Schulen hinweg. Bildungsforscher haben errechnet, dass bis 2015 an deutschen Schulen mehr als 80 000 Pädagogenstellen unbesetzt sein werden, wenn nicht mehr Nachwuchs gefunden wird. Derzeit sind hierzulande rund 790 000 Lehrkräfte in Vollzeit und Teilzeit beschäftigt.

Ist der Lehrerberuf einer mit Zukunft?

Angesichts der Zahlen eigentlich ja. Wenn die Länder mitspielen würden. Laut GEW ist das aber nicht konsequent genug der Fall. Anstatt kontinuierlich Junglehrer einzustellen, hätten die Bundesländer oft bis zum letzten Moment gewartet, um Kosten zu sparen - und so den seit Jahrzehnten bekannten Wechsel zwischen Lehrerarbeitslosigkeit und eklatantem Mangel für die Zukunft zementiert.

Außerdem kritisiert die Gewerkschaft, dass die zusätzlichen Finanzmittel, die durch den Rückgang der Schülerzahlen entstehen, von den Ländern einfach "eingesackt" statt in neue Stellen umgewandelt werden. Zugleich würden die Kultusminister tricksen, in dem der Lehrerbedarf durch höhere Unterrichtsverpflichtung und höhere Schülerzahlen pro Klasse künstlich nach unten gerechnet werde.

Muss der Beruf zugleich attraktiver werden, damit mehr junge Menschen ihn ergreifen wollen?

Damit der hohe Bedarf gedeckt werden kann, ist das dringend notwendig. Laut GEW sind erneut die Länder gefordert: Sie seien gut beraten, die Einkommen für Lehrkräfte und Referendare anzuheben und bessere Arbeitsbedingungen wie kleinere Klassen und niedrigere Unterrichtsverpflichtungen anzubieten. In den vergangenen Jahren sei hingegen genau das Gegenteil geschehen - die Einkommen seien gesenkt und oft nur befristete oder Teilzeit-Arbeitsverhältnisse angeboten worden. Das hat den Beruf laut Gewerkschaft offenbar zusätzlich unattraktiver werden lassen.

Extra Rheinland-Pfalz hat etwa 41.000 hauptberufliche Lehrer. 1623 sind 2010 eingestellt worden, davon 97 als Seiteneinsteiger. Hinzu kommen 2480 Vertretungslehrer mit befristeten Verträgen, die als Ersatz für nicht besetzte Planstellen tätig sind und von der ADD eingestellt werden. Als kurzfristige Vertreter können die Schulen eigenständig PES-Kräfte (Projekt Erweiterte Selbstständigkeit) suchen und mit Honorarverträgen ausstatten. Es gibt rund 11.000 PES-Verträge, die Zahl der Köpfe ist nicht ermittelt. In den Grundschulen gibt es einen "Feuerwehrlehrerpool" für Personalengpässe mit etwa 140 Kräften. (fcg)

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