Letztes Halali eines Verbrecher-Jägers

Ende einer Ära: Horst Roos, mehr als ein Jahrzehnt lang oberster Verbrecher-Jäger der Region, hat seinen Schreibtisch bei der Trierer Staatsanwaltschaft geräumt. "Ich habe hier keinen Job gemacht. Das war mein Leben", sagt der frischgebackene Pensionär.

 Großreinemachen in Schlips und Kragen: Triers Leitender Oberstaatsanwalt Horst Roos räumt sein Büro. TV-Foto: Rolf Seydewitz

Großreinemachen in Schlips und Kragen: Triers Leitender Oberstaatsanwalt Horst Roos räumt sein Büro. TV-Foto: Rolf Seydewitz

Trier. Das Ende seiner langen beruflichen Laufbahn kann der Trierer Chef-Ermittler gar nicht lange genug hinauszögern. Eigentlich war Horst Roos' letzter Arbeitstag der Donnerstag vergangener Woche. Da feierte der "Losta", wie der Leitende Oberstaatsanwalt unter Juristen nur genannt wird, seinen 65. Geburtstag. Weil er noch ein paar Tage Resturlaub hat, hätte er nach der Feier im Kollegenkreis eigentlich "Lebewohl" sagen können. Aber auch eine Woche später ist Roos noch in der dritten Etage seiner Behörde unterwegs, als sei seine Pensionierung noch Zukunftsmusik. "Ich gehe nicht gerne in den Ruhestand", räumt der oberste Verbrecher-Jäger der Region denn auch unumwunden ein. Man sieht es Roos an. Obwohl er an diesem Donnerstagmorgen sein Büro ausmistet und den Schreibtisch räumt, steht der Vollblut-Jurist in Schlips und Kragen da.

Dabei würde sich Roos vehement gegen das Vorurteil wehren, ein typischer Beamter zu sein. "So ein Job", sagt er, "lässt sich nicht in den üblichen Bürostunden erledigen. Und man braucht motivierte und engagierte Mitarbeiter - und die hatte ich hier in Trier."

Als der Rheinhesse Roos vor zwölf Jahren als Vize in Mainz auf den Chef-Sessel an der Mosel wechselte, sollte dies eigentlich nur eine Übergangsstation sein. Eine Art Warte-Position, bis der "Losta"-Posten in der Landeshauptstadt neu besetzt würde. Prestigeträchtiger als Trier und heimatnäher für Horst Roos, der in Trier nur einen Zweitwohnsitz hatte. Aber es kam anders. Der Stuhl in Mainz wurde nicht frei, der letzte Karrieresprung blieb Roos damit verwehrt.

Man merkt dem scheidenden Behörden-Chef an, dass ihm das Thema unangenehm ist, und nachgetrauert, sagt er, habe er der verpassten Chance auch nie. Im Gegenteil: "Trier war für mich ein Glücksfall."

Juristischer Spätstarter



Dabei hatte Roos schon kurz nach seinem Amtsantritt eine seiner härtesten Bewährungsproben zu bestehen. Die nicht mit der Staatsanwaltschaft abgesprochenen Ermittlungen mehrerer Kripo-Leute in Polen kosteten den damaligen Trierer Polizeipräsidenten den Job und belasteten das Verhältnis Polizei/Staatsanwaltschaft. "Schnee von gestern", meint Roos und fügt hinzu, dass die Zusammenarbeit der beiden Behörden heute sogar vorbildlich funktioniere. "In jeder Krise steckt halt auch eine Chance."

Dass er einmal Staatsanwalt werden wollte, stand für Horst Roos während des Studiums frühzeitig fest. "Die Ermittlerarbeit hat mir einfach immer gefallen", sagt er zur Begründung. Dabei hatte der gelernte Versicherungskaufmann einst sein Abitur erst auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt, dann studiert, bevor er mit 34 Jahren zur Justiz kam. Ein Spätstarter, der die Karriereleiter dennoch emporgeklettert ist.

Rund 30 000 Fälle bearbeiten die 100 Mitarbeiter der Trie rer Staatsanwaltschaft jährlich, alle wichtigen und öffentlichkeitswirksamen Verfahren gehen auch über den Tisch des Behördenchefs. Der Leitende Oberstaatsanwalt ist in der Regel auch der einzige, der bei Presseanfragen Auskunft geben darf. Der Hauptgrund, warum Roos in den zurückliegenden Jahren bei Aufsehen erregenden Verbrechen so häufig wie kein anderer in den Medien zitiert wurde.

Dabei ist sein Verhältnis zu Journalisten durchaus gespalten. Sah Roos seine Behörde oder einzelne Mitarbeiter in den Medien zu unrecht attackiert, brachte er es durchaus fertig, mit den Kritikern monatelang nicht zu sprechen. "Schicken Sie bitte eine E-Mail mit Ihren Fragen", ließ Roos in solchen Fällen seine Sekretärinnen telefonisch ausrichten. War der Ärger verraucht, griff Roos auch wieder selbst zum Hörer.

Und was macht ein passionierter Verbrecher-Jäger, wenn er keine Verbrecher mehr jagen kann? "Ich halte weiter Staatsexamens-Prüfungen ab", sagt Roos, "bin zweifacher Großvater und habe ein nicht mehr ganz so neues Haus, bei dem es ständig etwas zu reparieren gibt."

Das klingt nicht so, als würde der Neu-Pensionär in ein Loch fallen. Aber man merkt Horst Roos an, dass er lieber noch ein, zwei Jährchen als "Losta" in Trier weitergemacht hätte, als demnächst im Blaumann auf einer Leiter das Haus zu streichen.

extra

Eifeler ersetzt Rheinhesse: Der gebürtige Dauner Jürgen Brauer (52) ist ab Montag neuer Chef der Trierer Staatsanwaltschaft. Der promovierte Jurist war zuletzt Abteilungsleiter im Mainzer Justizministerium, davor Vize-Chef der Koblenzer Staatsanwaltschaft. Jürgen Brauer lebt seit über 30 Jahren in Trier.

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