Liberaler Spitzenkandidat Mertin: Wir schaffen den Regierungswechsel in Mainz

Mit der klaren Kampfansage, die absolute Mehrheit von Kurt Beck brechen zu wollen, haben Spitzenkandidat Herbert Mertin und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle die Landes-FDP für den Wahlkampf mobilisiert.

Emmelshausen. Beim Landesparteitag der Liberalen in Emmelshausen (Hunsrück) haben sich die 175 Delegierten mit dem Wahlprogramm, das die Bildung ins Zentrum stellt, für den Wahlkampf gerüstet. Auffallend: Die Stimmung unter den Liberalen, die nach jüngsten Umfragen bei fünf Prozent liegen, ist besser als ihre Lage. Sie sind vor allem stolz auf Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, wenn der erklärt: "Deutschland ist auf der Schnellstraße zur Vollbeschäftigung." Der FDP-Landeschef, den weite Teile der Bundes-FDP auch möglichst schnell zum Nachfolger von Guido Westerwelle wählen würden, hat sich vom Negativ-Image, das ihm seit seinem Nein zu Opel-Hilfen anhaftete, befreit. Die Landes-FDP setzt auch voll auf die Qualitäten ihres Spitzenmanns Mertin. "Der Herbert kann's, der Herbert schafft's", ruft Brüderle in den Saal. Und Ex-Justizminister Mertin beweist: Er kann auch Emotionen schüren und den Holzhammer schwingen, wenn er mit SPD-Affären abrechnet oder Wirtschaftsminister Hendrik Hering "einen Märchenonkel" und "Illusionsminister" vom Nürburgring nennt.

Zuerst schwört Brüderle die FDP darauf ein, dass der Regierungswechsel in Berlin schon wirkt: Allenfalls Fachkräftemangel könne den dauerhaften Aufschwung gefährden. Passend zum Castor-Wochenende verteidigt er die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. "Das ist verantwortbar", zumal vor dem neuen Zeitalter ohne Atom ein gigantisches Stromnetz aufgebaut werden muss, um Windenergie zu transportieren.

Unter Applaus gibt Brüderle den Startschuss für den Wahlkampf. "Es muss auch eine Partei für die Mitte geben." Und die will "Geld für die Bildung und nicht für Schlosshotels". Das ist das Stichwort für Mertin, SPD-Selbstbedienung zu sezieren - von der "sozialdemokratischen Solidarität", den Ex-FCK-Vorstand Gerhard Herzog in Ruanda zu versorgen, über den Auftrag für einen Schwiegersohn, den Nürburgring bis zum Schlosshotel in Becks Wahlkreis, das ein SPD-Mann billig kaufen soll. Laut Mertin kann man zudem nur hoffen, dass "die Justiz unbeschädigt bleibt", nachdem Bundesgerichte Justizminister Heinz Georg Bamberger Verfassungs- und Rechtsbruch vorgeworfen hätten.

Ins Gericht geht Mertin auch mit der Schulpolitik: "Die Realschule plus funktioniert nicht." Jährlich verließen 3000 Jugendliche ohne Abschluss die Schule. Die FDP will auch lieber die Schulbuch-Freiheit für alle statt des teuren "Bürokratiemonsters" der Ausleihe. Vehement und emotional plädiert der in Chile aufgewachsene Mertin dafür, den Sachkundeunterricht wieder Heimatkunde zu nennen. "Wer sich integrieren soll, muss das Land auch lieben. In Chile wird der Nationalfeiertag von allen richtig gefeiert. Bei uns erinnert der 3. Oktober eher an einen Trauertag." Ansonsten: Es gibt weiter Schnittmengen mit der SPD. Die Forderung, die Bürger vor Großprojekten zu befragen, hat SPD-Spitzenkandidat Kurt Beck sofort aufgegriffen. Mertin will aber auch, das nach einem klaren Votum für die Mittelrheinbrücke zum Beispiel die Planungszeiten gestrafft werden. "Es ist schlecht für einen Industriestandort, wenn es 20, 25 Jahre dauert, bis eine Brücke gebaut werden kann." Die Delegierten spenden Mertin lange Beifall.

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