Liechtenstein schießt zurück

Im Zusammenhang mit der Steuerfahndung bei Zumwinkel und Co. ist Liechtenstein in die Kritik geraten. Doch das kleine Fürstentum wehrt sich und greift die Bundesregierung an.

Berlin. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein wird bislang den wenigsten Deutschen bekannt sein. Das solide geführte Fürstentum ist halt klein, man mag es dort lieber still. Doch nun bangt der Prinz um den Ruf seines Landes, und deshalb fährt er schwere Geschütze gegen den großen Fast-Nachbarn Deutschland auf. Die Debatte um die Rolle des für die Auslandsaufklärung zuständigen Bundesnachrichtendienstes (BND) bei der Aufdeckung des gigantischen Steuerskandals gewinnt an Fahrt. "Deutschland löst mit seinem Angriff auf Liechtenstein nicht das Problem mit seinen Steuerzahlern", schoss gestern Prinz Alois kräftig zurück. Das Fürstentum erwägt offenbar rechtliche Schritte gegen die Bundesregierung. Denn die Zahlungen des BND von vier bis fünf Millionen Euro für die brisante CD mit Steuerdaten "an einen Dieb" seien mit Rechtsstaatprinzipien nicht vereinbar. Das Problem bei der Steuerhinterziehung liege nicht in Liechtenstein, sondern in der "kriminellen Energie der Deutschen", betonte der Staatschef. Das können selbst hiesige Politiker unterschreiben: "Was treibt die kleinen Zumwinkels in die Schwarzarbeit und die großen Zumwinkels nach Liechtenstein?", fragte gestern CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer.Kritische Rolle des Nachrichtendienstes

Auch er sieht die Rolle des BND in dem Skandal kritisch. Heute Nachmittag tagt das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages zur Überwachung der Geheimdienste in einem abhörsicheren Raum unter dem Reichstag. Sowohl die Mitglieder der Opposition als auch der Koalition haben einen ganzen Katalog an Fragen an die Bundesregierung: Wie war die Chronologie der Ereignisse, welche Rolle hat dabei das Kanzleramt gespielt? Ist dem BND der Datensatz wirklich angeboten worden oder haben die Agenten den Informanten gelockt? Sind die durch Ankauf erlangten Beweise vor Gericht tatsächlich verwertbar? Und stimmt es, dass der BND jahrelang gezielt die Banken in Liechtenstein ausgeforscht hat? Allerdings reagiert die deutsche Politik auf die Attacken aus dem Fürstentum auch mit Gegendruck. Vor dem heutigen Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Regierungschef und Finanzminister von Liechtenstein, Otmar Hasler, wird heftig über die Finanzpraxis des Fürstentums gemeckert, selbst die Frage von Sanktionen wird inzwischen klammheimlich gestellt. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen, mahnt Gesetzes-Verschärfungen in Liechtenstein an. Solche Steueroasen dürfe es nicht mehr geben. Er hofft auf Einsicht und "Bewusstseinsänderungen" im Fürstentum, denn Einflussmöglichkeiten hat man kaum. In Wahrheit ist das politische Berlin also vor allem eines: ratlos.

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