Männer werden zu Kinder-Muffeln

MAINZ. Der Kinderwunsch nimmt in Deutschland ab. Kinderlosen fehlt oft der geeignete Partner zur Familiengründung, die Zukunft des Nachwuchses erscheint zu unsicher, oder mögliche Sprösslinge lassen um den eigenen Lebensstandard fürchten. Das ergab eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB).

Die Diskussionen um die alternde Gesellschaft und den demografischen Wandel haben bisher die Lust auf Nachwuchs bei den Deutschen nicht beflügelt. Im Gegenteil: Der Kinderwunsch hat sich in den vergangenen Jahren der niedrigen Geburtenrate angepasst. Vor allem in den alten Bundesländern ist nahezu ein Drittel der jüngeren Bevölkerung nicht verheiratet und kinderlos. Ehen werden immer später geschlossen, Kinder immer später geboren, analysiert die Studie des Wiesbadener Instituts. Über die Hälfte der Kinder kommen inzwischen nach dem 30. Lebensjahr der Mutter zur Welt.Familie ist allgemein noch sehr erwünscht

Damit wird das "biologische Zeitfenster" für das Kinderkriegen immer kleiner. Wird dann kein geeigneter Partner zur Familiengründung gefunden, bleiben auch die Kinder aus. Rund ein Fünftel der Befragten in der Gruppe der 20- bis 39-Jährigen bekannte sich dazu, keine Kinder zu wollen. Hinderungsgründe sind nicht nur Sorgen um die Zukunft des Nachwuchses, sondern auch Befürchtungen, das Leben nicht mehr so genießen zu können. Vor allem bei Männern ist der Kinderwunsch deutlich zurück- gegangen. Jeder vierte will ganz auf Nachwuchs verzichten. Wollen Frauen im Durchschnitt noch 1,74 Kinder, sind es bei den Männern nur noch 1,46. Während Frauen immer noch stärker auf Familie und Kinder orientiert sind, stehen bei Männern Karriere und Selbstverwirklichung höher im Kurs. Auch eine Allensbach-Untersuchung sieht insgesamt einen Trend zu einer verstärkt egozentrischen Lebensausrichtung. Nicht, dass Partnerschaft und Familie nicht mehr wichtig wären, betonen die Autoren der BiB-Studie. Doch die allgemeine Wertschätzung schlägt sich nicht mehr uneingeschränkt in einer Familiengründung nieder. Familie ist allgemein noch sehr erwünscht. Bezieht man diesen Wunsch dann allerdings ganz konkret auf Kinder, rücken die Probleme ins Blickfeld und der Wunsch nimmt erheblich ab. Für viele hängt die Familienplanung allerdings auch mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zusammen: Flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuungsmöglichkeiten und erleichterte Teilzeitarbeit sind gefragt. Im Gegensatz zu früher spielt die finanzielle Unterstützung durch den Staat nicht mehr eine besonders entscheidende Rolle. Nach Einschätzung der rheinland-pfälzischen Familienministerin Malu Dreyer (SPD) zeigt die Studie, dass viele Männer kein Interesse an Familie haben. Nicht so sehr die lange Zeit thematisierten Akademikerinnen, die angeblich mehr auf Beruf statt Familie fixiert sind, sondern die freiwillig kinderlosen Männer müsse man verstärkt im Blick haben. Sie dringt nicht nur auf mehr Kinderbetreuung und eine familienfreundlichere Arbeitswelt, bei der es laut einer Untersuchung der Universität Mainz in der betrieblichen Praxis noch erheblich hakt. Mit der Initiative "Viva Familia" soll jungen Menschen auch durch alltagsnahe Unterstützung von der Finanzberatung bis zur Gesundheitsvorsorge Mut zur Familie gemacht werden. Kinderwünsche werden nach Überzeugung von CDU-Landeschef Christoph Böhr nicht zuletzt von Unsicherheitsfaktoren rund um den Job oder starken beruflichen Belastungen junger Paare ausgebremst. Eine wachsende "Kultur der Kinderlosigkeit" kann er jedoch nicht ausmachen. Immer häufiger fehlt allerdings aus seiner Sicht bei jungen Menschen die "Familienerfahrung" und damit auch eine Nähe zu Kindern. Ein Weg der Familienförderung bleibt für ihn die steuerliche Besserstellung. Er setzt darauf, dass die Union in den laufenden Berliner Koalitionsverhandlungen ihren im Wahlprogramm geforderten Freibetrag von 8000 Euro pro Familienmitglied durchsetzen kann.

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