Mal was ganz Neues

Berlin . Städte und Gemeinden können im zu Ende gehenden Jahr mit Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer rechnen. Nach Angaben des Deutschen Städtetages erreicht das Gewerbesteueraufkommen 2006 mit rund 37,8 Milliarden Euro den höchsten Stand in der Geschichte der Bundesrepublik. 2005 lagen die Einnahmen bei 32,1 Milliarden.

Gehörte das Klagelied über leere Kassen und politische Zumutungen noch bis vor kurzem zum festen Ritual, so schlug der Präsident des Deutschen Städtetages, Christian Ude, ungewöhnlich sanfte Töne an: Mit dem Jahr 2006 sei in den Rathäusern "überwiegend Zufriedenheit" eingekehrt. Die frohe Botschaft resultiert in erster Linie aus den unerwartet hohen Einnahmen der Kommunen. Bei der Gewerbesteuer rechnet man heuer gar mit einem rekordverdächtigen Anstieg um rund fünf Milliarden auf 37,8 Milliarden Euro. Dabei konnten sich die Städte und Gemeinden schon im Vorjahr über einen Zuwachs von 3,8 Milliarden freuen.Gutes Argument für Gewerbesteuer

Nach Ansicht Udes ist diese Entwicklung das beste Argument für die Gewerbesteuer, die im Zuge der geplanten Unternehmenssteuerreform schon beerdigt schien. Durch den Zuwachs könne ein Teil der Städte endlich wieder mehr investieren oder Schulden abbauen, freute sich Ude. Dass es inzwischen einen regelrechten Investitionsstau gibt, zeigt ein Zahlenvergleich: 2005 lagen die kommunalen Aufwendungen für neue Kindergärten, Schwimmhallen oder Verwaltungsgebäude um fast 45 Prozent niedriger als 1992. "Dieser riesige Nachholbedarf muss jetzt befriedigt werden", sagte Ude. Seine Hoffnung wird auch durch wachsende Erfolge der Hartz-Reform begünstigt. So rechnet der Städtetag für 2007 mit einer verstärkten Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Das wiederum spart Geld, denn für Miete und Heizkosten der Empfänger von Arbeitslosengeld II müssen vorrangig die Kommunen aufkommen. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums hat sich die Zahl der so genannten Bedarfsgemeinschaften schon im letzten halben Jahr um rund 400 000 auf 3,63 Millionen verringert. Hinzu kommt, dass sich der Bund nach zähen Verhandlungen mit den Ländern zu einem höheren Anteil bei den kommunalen Unterkunftskosten bereit erklärt hat. Er steigt für 2007 um 400 Millionen auf 4,3 Milliarden Euro. Kein Wunder also, dass Ude auch lobende Worte für die Berliner Regierungspolitik fand. Nicht nur die Beibehaltung der Gewerbesteuer sei ein "kommunalfreundliches Zeichen der großen Koalition" gewesen. Beim Schutz der Wohnungsbestände sei den kommunalen Forderungen ebenfalls Rechnung getragen worden, indem man reine Wohnungsbestände bei der Zulassung börsennotierter Immobilien-Aktiengesellschaften (REITs) ausgeklammert habe. Dadurch würden sie nicht verstärkt zum Spekulationsobjekt. Viele Mieter dürfte das allerdings wenig trösten. Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes wurden in den letzten Jahren rund 850 000 Wohnungen der öffentlichen Hand verkauft. Zu den größten Profiteuren gehören internationale Fonds und Kapitalgesellschaften wie Annington, Gagfah/Fortress oder Corpus. Allein der US-Investor Fortress erwarb in diesem Jahr mit 48 000 Unterkünften den gesamten kommunalen Wohnungsbestand der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Ude warnte dann auch vor einem kurzsichtigen Ausverkauf von öffentlichem Eigentum. "Es bereitet uns Sorge, wenn Städte sich gezwungen sehen, etwas zu verkaufen, was sie sich aus gutem Grund zugelegt haben." Besonders in Städten mit großer Wohnungsnachfrage sei bezahlbarer Wohnraum für sozial Schwächere wichtig. Die Stadt München, der Ude als Oberbürgermeister vorsteht, ging deshalb den umgekehrten Weg: Sie kaufte von Fortress rund 4700 Wohnungen zurück. Freilich wären dazu nur die wenigsten Städte in der Lage. Allein die kommunalen Kredite für laufende Ausgaben sind mit knapp 28 Milliarden Euro immer noch erschreckend hoch.

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