Malta verkauft Reisepässe und bringt EU-Parlamentarier auf die Palme

Brüssel · Die Debatte um den Missbrauch von Freizügigkeit in Europa erhält neuen Zündstoff. Das EU-Land Malta will seine Staatsbürgerschaft für 650 000 Euro und Investitionsvorgaben an Ausländer aus Nicht-EU-Staaten verhökern - und sie so zu Unionsbürgern machen.

Brüssel. Die Behörden auf der Insel Malta wollen ab dem Monat Februar einen EU-Reisepass-handel beginnen, um die Staatsfinanzen aufzubessern. Das Problem: der EU-Ausweis erlaubt es seinen Inhabern, durch alle 28 Mitgliedsstaaten zu reisen und sich in jedem EU-Land niederzulassen. Das bedeutet: Dubiose Oligarchen und auch reiche Kriminelle könnten sich den Zutritt zur EU erkaufen - und sich dann etwa in Deutschland niederlassen.
Straßburger Resolution


Die Regierung in Valletta stellt dafür folgende finanzielle Bedingungen. Interessierte müssen 650 000 Euro für den Pass hinblättern - zusätzlich werden aber Immobilien- und Aktienkäufe zur Pflicht gemacht, so dass eine Investitionssumme von rund 1,15 Millionen Euro zusammenkommt. Auf Malta ansässig sein müssen die "Neubürger" aber nicht. Das Europaparlament läuft Sturm. In einer Resolution forderten die Abgeordneten gestern die EU-Kommission auf, zu prüfen, ob die Pläne mit EU-Recht vereinbar sind. "Die Unionsbürgerschaft darf nicht mit einem Preisschild versehen werden", heißt es in dem fraktionsübergreifenden Text. Die Sprecherin von Justizkommissarin Viviane Reding, Mina Andreeva, sagte gegenüber unserer Zeitung: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta einleitet." Das Problem: Die Kriterien für den Erwerb einer Staatsbürgerschaft legen allein die jeweiligen EU-Staaten fest, obwohl ihre Entscheidung durch die Freizügigkeit für Unionsbürger letztlich die ganze EU betrifft.
Umso kritischer ist es also, wenn ein Land Kriterien lasch prüft oder Geld zur einzigen Hürde macht. Zumal die EU-Verträge die Mitgliedsstaaten zur loyalen Zusammenarbeit verpflichten. Auch in der Vergangenheit machte Malta diesbezüglich bereits von sich reden. So konnte sich der Ex-Kasache Rachat Alijew über eine Anwaltsgage von 150 000 Euro die maltesische Aufenthaltserlaubnis besorgen, obwohl er mehrerer Verbrechen - darunter Mord - beschuldigt wird. Zweimal lehnten es die maltesischen Ermittlungsbehörden ab, tätig zu werden.
Malta ist nicht das einzige Land, das gegen Geld Aufenthaltsgenehmigungen oder Staatsbürgerschaften vergibt. Auch Bulgarien, Zypern, Ungarn, Griechenland, Irland, Portugal oder Österreich tun dies - unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen.
Festpreis als Novum


Wer in Griechenland eine Immobilie von 250 000 Euro kauft, darf für fünf bis zehn Jahre bleiben. Wer seit fünf Jahren mindestens drei Millionen Euro auf einer zyprischen Bank liegen hat, fünf Millionen Euro investiert oder ein Unternehmen betreibt, das Zyprer beschäftigt, bekommt die zyprische Staatsbürgerschaft.
Dass es jedoch einen Festpreis für den Pass gibt - wie im Falle Maltas - ist ein Novum. Justizkommissarin Viviane Reding mahnte, dass die EU-Mitgliedsstaaten die Staatsbürgerschaft nur an Personen vergeben sollten, "die eine echte Verbindung zu dem betreffenden Land haben". Sie dürfe nicht allein von der "Größe des Geldbeutels oder des Bankkontos" abhängen. Die Mitgliedsstaaten könnten sich als Konsequenz auf gemeinsame Mindestvorgaben für die Vergabe von Staatsbürgerschaften einigen.Extra

In Deutschland ist der Kauf der Staatsbürgerschaft laut Innenministerium nicht möglich. Anspruch auf Einbürgerung hat generell nur, wer seit mindestens acht Jahren dauerhaft im Land lebt. Zu den Voraussetzungen zählen die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit, Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung, deutsche Sprachkenntnisse und die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts. Es gibt aber Ausnahmen, wenn "öffentliches Interesse" besteht oder "bestehende Bindungen an Deutschland dies rechtfertigen". Anders sieht es mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung aus. Die kann ein Ausländer erhalten, wenn ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht, die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und die Finanzierung gesichert ist. dpa

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