Zum harten Lockdown Malu Dreyer: „Ein ganz, ganz harter Schritt“

Trier · Ministerpräsidentin Dreyer sieht keine Alternative zum Komplett-Lockdown. Auf ein Datum dafür legt sich aber zunächst nicht fest.

 Ministerpräsidentin Malu Dreyer bekennt sich am Freitag bei einer Pressekonferenz im Kurfürstlichen Palais in Trier zum harten Lockdown.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer bekennt sich am Freitag bei einer Pressekonferenz im Kurfürstlichen Palais in Trier zum harten Lockdown.

Foto: TV/Bernd Wientjes

Malu Dreyer kommt ohne Umschweife zum Punkt. Sie mache es kurz und schmerzlos: „Ich bin für einen Shutdown“, sagte die Ministerpräsidentin bei der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz im Kurfürstlichen Palais in Trier. Ein konkretes Datum, wann es zu dem, wie sie es nennt, „ganz, ganz harten“ Schnitt kommen wird, nennt die Triererin aber nicht. Die Weihnachtszeit biete sich dafür aber an.

Sie verweist auf die Videokonferenz der Länderchefs mit der Bundeskanzlerin spätestens am Sonntag. Vorher wolle sie sich bewusst nicht auf den Beginn und die Dauer des Totallockdowns festlegen. Anders als ihre Kollegen in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, Armin Laschet (CDU) und Winfried Kretschmann (Grüne). Diese hatten ein paar Stunden zuvor bereits verkündet, dass es unmittelbar bereits schärfere Maßnahmen geben wird. In Baden-Württemberg gelten ab diesen Samstag landesweite Ausgangsbeschränkungen. In Nordrhein-Westfalen wird der Schulbetrieb ab Montag eingeschränkt, ältere Schüler sollen per Fernunterricht unterrichtet werden. 

Dreyer macht keinen Hehl daraus, dass sie sich über das Vorpreschen der Chefs der beiden Nachbarländer ärgert. Sie verweist auf das Bund-Länder-Gespräch, das voraussichtlich am Sonntag stattfinden soll. Dreyer drängt auf einen bundesweit einheitlichen Lockdown. Eine Ausnahme sei Sachsen. Weil dort die Infektionszahlen besonders hoch sind, hat die Landesregierung einen Lockdown ab kommenden Montag beschlossen.

Was der nunmehr sichere Lockdown für Weihnachten bedeutet, sagt Dreyer nicht. Bereits am Dienstag hat sie angekündigt, dass man sich an den Festtagen möglichst nur mit der engsten Familie treffen sollte. „Wir wollen nicht, dass Menschen einsam Weihnachten feiern müssen.“

Auch wenn Dreyer kein Datum dafür nennt, deutet einiges daraufhin, dass das öffentliche Leben in Deutschland bereits vor Weihnachten eingeschränkt wird. Sie teilte mit, dass es bereits Gespräche mit den betroffenen Branchenvertretern, Wirtschaftsverbänden, Kommunen und Kammern gegeben habe. Auch mit den anderen Ministerpräsidenten sei man sich über das weitere Vorgehen einig, so Dreyer.

Vermutlich steckt aber auch ein psychologischer Moment dahinter, (noch) kein genaues Datum für den Lockdown zu nennen. So soll womöglich verhindert werden, dass am Wochenende Kunden panisch die Innenstädte stürmen, um quasi in letzter Minute noch Weihnachtsgeschenke in Eletronikmärkten, Schmuckgeschäften oder Parfümerien zu kaufen. Fraglich, ob dieses Kalkül aufgeht, wenn allen klar ist, dass mit großer Wahrscheinlichkeit im Laufe der kommenden Woche der überwiegende Teil der Geschäfte schließen wird.

Der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl und Oppositionsführer, Christian Baldauf, hat zuvor bereits einen bundesweiten Lockdown ab Montag gefordert: „Die Zahl der Neuansteckungen ist mit fast 30 000 so hoch wie noch nie und anders nicht mehr zu beherrschen“, sagt der Chef der CDU-Landtagsfraktion im Hinblick auf den am Freitag vom Robert Koch-Institut vermeldeten neuen Höchststand bei den Corona-Infektionen.

Dreyer macht deutlich, dass ihr die Entscheidung nicht einfach fällt. Der harte Lockdown sei ein „ganz schwerer Grundrechtseingriff“, sagt sie im Rokoko-Saal des Kurfürstlichen Palais. Gleichzeitig betont sie aber auch, dass es keine Alternative dazu gebe. „Nur so können wir der Situation noch Herr werden.“ Die Zahl der Corona-Neuinfektionen sei durch den seit Anfang November geltenden Teil-Lockdown nicht so gefallen wie erhofft und wie auch von Wissenschaftlern vorausgesagt. „Wir haben gehofft, dass wir ohne Komplett-Shutdown auskommen“, so Dreyer.

Aber anders als der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl sieht sie den sogenannten Wellenbrecher nicht als gescheitert an. Es sei gelungen, die Welle der Neuinfektionen zu brechen. Aber das Ziel, die Zahlen deutlich abzusenken, sei verfehlt worden. „Daher muss nun energisch dagegen angegangen werden“, gibt Dreyer die Marschroute vor.

 Grafik Infektionszahlen

Grafik Infektionszahlen

Foto: dpa/infografik dpa

Wie es nächste Woche an den Schulen in Rheinland-Pfalz weitergeht, lässt die Ministerpräsidentin offen. Klar sei, wenn es zu einem Lockdown komme, dass es  Einschränkungen des Unterrichts geben werde. Beschlossen zu sein scheint auf jeden Fall bereits, dass nach den Weihnachtsferien ab 4. Januar kein Präsenzunterricht stattfinden wird. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) hat zuvor klar gemacht, dass es keine Verlängerung der Weihnachtsferien gebe. Auch ein Aussetzen der Schulpflicht, wie dies Wissenschaftler der Nationalakademie Lepoldina gefordert haben, werde es nicht geben, hat Hubig bei ihrer Abschlusspressekonferenz als Vorsitzende der Kultusministerkonferenz gesagt. Falls Schulen geschlossen würden, gehe der Unterricht auf jeden Fall weiter, zur Not eben als Fernunterricht. Einschränkungen des Regelbetriebs an den Schulen sollten aber möglichst kurz gehalten werden, auch mit Blick auf die Abschlussklassen, so Hubig. Dabei hat sie vor allem die Schüler der 13. Klassen in den Gymnasien im Blick. Dort beginnt das Abitur bereits am 7. Januar. Dreyer hat am Dienstag gesagt, dass die Prüfungen auf jeden Fall stattfinden werden.

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