Malu Dreyer nennt ihr Motto: "Gemeinsam sind wir Deutschland" - Mainzer Regierungschefin hält in Berlin Antrittsrede als Bundesratspräsidentin

Berlin · Für ein Jahr ist die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer Präsidentin des Bundesrats. Bei ihrer Antrittsrede in der Länderkammer hat die Trierer SPD-Politikerin gesagt, was sie in den nächsten zwölf Monaten bewegen will.

 Malu Dreyer am Freitag im Bundesrat.

Malu Dreyer am Freitag im Bundesrat.

Foto: Rolf Seydewitz

Berlin. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat sich angesichts des zunehmenden Rechtspopulismus und der schärfer werdenden gesellschaftlichen Auseinandersetzung für mehr Zusammenhalt und Solidarität ausgesprochen. "Wir müssen die Wut und den lautstarken Protest aushalten und ihm mit den Stärken der Demokratie begegnen", sagte Dreyer zum Auftakt ihrer Bundesratspräsidentschaft am Freitagmorgen in Berlin.
Scharfe Kritik äußerte Dreyer an der Protestbewegung Pegida, ohne sie allerdings beim Namen zu nennen. "Lassen wir es nicht zu, dass eine Minderheit für sich reklamiert, sie sei das Volk", sagte die SPD-Politikerin. Die Minderheit verrate das Volk, weil sie die Grundwerte mit Füßen trete.

Als Stärken der Demokratie bezeichnete die neue Bundesratspräsidentin das Zuhören, das Zusammenführen unterschiedlicher Interessen und die Suche nach einer positiven Zukunftsvision.

Ihre einjährige Präsidentschaft hat die Mainzer Regierungschefin unter das Motto "Gemeinsam sind wir Deutschland" gestellt. Die Vielfalt unterschiedlicher Religionen, Herkünfte, Ansichten und Alter bezeichnete Dreyer als Schatz und Ressource, aus der die Gesellschaft schöpfen könne. Dies gelte auch für Europa. Als Rheinland-Pfälzerin wisse sie, was es bedeute, in einem friedlichen Europa mit offenen Grenzen zu leben und das Zusammentreffen der Kulturen zu erleben, sagte Dreyer.

An ihre Kollegen appellierte die neue Bundesratspräsidentin, die Menschen zu ermutigen, sich für ihre Überzeugungen auch politisch einzusetzen und Europa mitzugestalten. Einen Fokus ihrer einjährigen Amtszeit als Chefin der Länderkammer will Dreyer daher auf die Jugend richten, die sie für Europa begeistern wolle. Junge Leute seien durchaus politisch, so Dreyer, ihre demokratische Mitwirkung sei für die Demokratie lebensnotwendig.
Scharfe Kritik äußerte Dreyer am Auftritt der AfD im Hambacher Schloss, ohne die Partei zu nennen. "Wir dürfen unsere Demokratie und deren Symbole nicht dem Rechtspopulismus überlassen", sagte Dreyer, fügte aber später hinzu, dass man die Parteiveranstaltung auch nicht habe verbieten können.

Malu Dreyer ist für ein Jahr Präsidentin der Länderkammer. Ihre erste Auslandsreise führte die 55-Jährige nach Frankreich. Weitere Reisen sind nach Südamerika, Kanada, Polen, Italien und Israel geplant.
Extra

 Malu Dreyer am Freitag im Bundesrat.

Malu Dreyer am Freitag im Bundesrat.

Foto: Rolf Seydewitz

Die Länder haben den Bund aufgefordert, die geplante leichte Hartz-IV-Erhöhung zum kommenden Jahr deutlich nachzubessern. Die Berechnungen dürften nicht zulasten Ärmerer gehen. Zudem müssten Energiekosten mehr berücksichtigt werden, forderte der Bundesrat am Freitag in Berlin. Sozialverbände warnten vor weiterer Ausgrenzung auch vieler ärmerer Kinder durch die Pläne. Zu Jahresbeginn soll der Regelsatz für Alleinstehende von 404 Euro auf 409 Euro pro Monat steigen. Die Länder brachten auch die seit Jahren umstrittene Reform der Grundsteuer auf den Weg. Angestrebt wird eine möglichst einfache Grundbesteuerung sowie eine "aufkommensneutrale" Reform - also keine flächendeckend höhere Grundsteuerbelastung für Bürger. Welche Werte sich für einzelne Grundstücke und Bauten am Ende ergeben, lässt sich noch nicht abschätzen. Der Bundesrat fordert auf Initiative Nordrhein-Westfalens den Bund auf, sich an der Lärmsanierung kommunaler Straßen finanziell zu beteiligen. Aktuellen Erhebungen zufolge seien 3,2 Milliarden Euro für diese Maßnahmen erforderlich. Ein entsprechender Gesetzentwurf geht jetzt Bundesregierung und Bundestag zu. Mit einer neuen blauen Plakette für Autos mit weniger Schadstoff-Ausstoß soll nach dem Willen Baden-Württembergs die Stickoxidbelastung in Innenstädten verringert werden. Kommunen könnten damit künftig leichter nur noch weniger schädliche Dieselfahrzeuge ab Euro-6-Norm in ihre Umweltzonen einfahren lassen. Der Bund will den Ländern in diesem Jahr 8,2 Milliarden Euro für den Schienennahverkehr zur Verfügung stellen - 200 Millionen mehr als zuletzt geplant. Ab 2017 soll dieser Betrag um jährlich 1,8 Prozent steigen. Die Neuregelung hat eine Laufzeit bis 2031. Der Bundesrat ließ die Regierungspläne ohne Einwände passieren. Die deutschen Geheimdienste werden nach jahrelangen Abhöraffären schärfer kontrolliert. Der Bundesnachrichtendienst (BND) bekommt zudem strengere Regeln. Das sehen Gesetzentwürfe der Bundesregierung vor, die der Bundesrat billigte. Bußgelder sollten nach dem Willen Niedersachsens nach dem Einkommen der Betroffenen gestaffelt werden. Insbesondere bei vermögenden Menschen verfehle derzeit eine Buße ihre abschreckende Wirkung. Zudem sollen besonders gefährliche Verkehrsdelikte und grobe Tempoverstöße deutlich härter bestraft werden. dpa

Kommentar: Der einen Freud, der anderen Leid

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