"Man fühlt sich gegen die Riesen machtlos"

MEHRING. Mit lautem Getöse hatte sich der Schaden im Windpark auf der Mehringer Höhe angekündigt: Gegen 6.45 Uhr riss an einer der 113 Meter hohen Windkraftanlagen ein 35 Meter langes Rotorblatt aus Fieberglaskunstoff und ging in Fetzen. Das Windrad war erst im Frühjahr 2006 aufgestellt worden. Die Anwohner sind verängstigt.

Die kleine Siedlung namens Neumehring liegt unmittelbar an der K 85 und in Sichtweite des nun defekten Windrades. Gegen 5 Uhr wurden dort Bewohner durch ein lautes Poltern - "wie eine Waschmaschinenschleuder mit Unwucht" - aus dem Schlaf gerissen. Beim Blick nach draußen stellten sie fest, dass an einer Anlage der Rotor mit seinen roten Markierungsleuchten mit ungewöhnlich hoher Drehzahl herumwirbelte, obwohl zu dem Zeitpunkt noch normale Windverhältnisse herrschten. Die Polizei wurde alarmiert und die Zeugen beobachteten, wie das Windrad die Drehzahl noch weiter steigerte. Durch den Lärm gerieten einige Pferde auf der Weide in Panik. Der Zeuge, der ungenannt bleiben will, versuchte noch zusammen mit seiner Frau, die Tiere in den Stall zu treiben. "Da sich das Windrad aber immer bedrohlicher aufführte, brachen wir den Versuch ab und gingen in Richtung Haus. In diesem Augenblick gab es einen lauten Knall und wir sahen, wie sich ein Flügel um die Maschinengondel wickelte und in Fetzen ging", sagt der Neumehringer. Die verbliebenen zwei Flügel hätten noch eine Zeit lang ihren rasenden Umlauf fortgesetzt. Die Schwingungen durch die Unwucht habe man sogar im Haus verspürt. Erst nach einiger Zeit sei der Stillstand eingetreten. Abschließender Kommentar des Zeugen: "Das war beängstigend. Es schien, als würde sich die Maschine selbst beschleunigen. Am Wind kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Gegen diese riesigen Anlagen fühlt man sich machtlos." Windpark zunächst vom Netz genommen

Vorsichtshalber wurde die K 85 in einem 200-Meter-Umkreis um die Anlage voll gesperrt. Techniker des Erbauers und Betreibers Enercon GmbH aus Aurich rückten an und blockierten die havarierte Anlage. Außerdem wurde zunächst der gesamte Mehringer Windpark vom Netz genommen. Weitere Arbeiten verhinderte am Freitag der aufkommende Sturm. Enercon-Gebietsleiter Gordon Hoch in Bingen: "Wir nehmen den Vorfall sehr ernst. Zunächst werden unsere Ingenieure intensiv nach der Ursache forschen. Diese Anlage ist auf einen Jahrhundertsturm und 20 Jahre Lebensdauer ausgelegt." Eine Gefährdung für die in der Nähe gelegene A 1 Trier-Saarbrücken habe zu keiner Zeit bestanden. Der Sicherheitsabstand sei beim Bau der Anlagen sogar übererfüllt worden. An den Untersuchungen beteiligt ist auch die Kreisverwaltung Trier-Saarburg. Mitarbeiter des Umwelt- und Bauamtes wurden nach Mehring geschickt. Landrat Günther Schartz: "Wir verlangen von der Enercon GmbH zunächst einen detaillierten Bericht. Außerdem werden wir am Montag mit der SGD-Nord beraten, wie man generell mit der Gefährdung durch solche Anlagen umgeht." Alle Windräder im Kreis vorerst stillzulegen, wäre nach Auffassung von Schartz jedoch unverhältnismäßig, da dieser Schritt verschiedenste Bautypen und unterschiedlichste Standorte beträfe.

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