Mann und Maus für Mond und Mars

Washington. Auf dem Weg zu Mond und Mars: Heute stellt US-Präsident George W. Bush erstmals seine ehrgeizigen Raumfahrtpläne öffentlich vor. Sie werden im Wahljahr wohl auf jede Menge Kritik und Skepsis stoßen.

Seit die neuen Weltraum-Projekte von Beratern des Texaners an die Medien lanciert wurden - vorgesehen ist eine Kolonie auf dem Mond, eine bemannte Mars-Mission sowie der Bau eines neuen Raumschiffs -, weisen Raumfahrtexperten wie Politiker in den USA darauf hin, dass die Vision Bushs ein teures wie technisch gewagtes Vabanque-Spiel sei, in Zeiten knapper öffentlicher Kassen vermutlich kaum zu realisieren. "Wir haben ein himmelhohes Haushaltsdefizit und brauchen jeden Dollar, den wir an Steuern einnehmen", protestierte am Wochenende beispielsweise der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Lieberman. Und Techniker weisen darauf hin, dass die US-Raumfahrtbehörde Nasa seit Jahren Milliarden dafür ausgibt, das anfällige Space-Shuttle zu ersetzen - diese Bemühungen bisher jedoch nicht gefruchtet haben. Dennoch meint es Bush offenbar mit seinen Vorschlägen ernst, obwohl er Raumfahrt in seinen bisherigen Reden so gut wie keinen Platz gegeben und nur ein einziges Mal die Nasa besucht hatte: im vergangenen Jahr, um die toten Astronauten zu ehren, die am 1. Februar 2003 an Bord der "Columbia" starben. Doch vor allem drei Motive, so ist in Washington zu hören, hätten plötzlich das Interesse Bushs an Mond und Marsgeweckt: Zum einen hofft der Präsident, dass seine Ideen im Wahljahr die Amerikaner hinter ein großes Ziel vereinen - ungeachtet ihrer politischen Orientierung. Zum anderen soll - auch angesichts der chinesischen Raumfahrtpolitik - die Vormachtstellung der Nasa in der Welt wieder gestärkt werden.Reagans Sternenkrieg wieder ausgegraben

Und seit US-Vizepräsident Dick Cheney seinem Chef klar gemacht hatte, dass ein neues Weltraum-Programm auch handfeste militärische Vorteile haben und den Weg zu einem weltraumgestützten Verteidigungssystem im Stil der "Star Wars"-Pläne Ronald Reagans ebnen könnte, sei Bush vom Sinn der neuen Missionen endgültig überzeugt gewesen. Um die Finanzierbarkeit zu erleichtern, dürfte Bush heute unter anderem vorschlagen, alle drei noch im Dienst befindlichen Raumfähren stillzulegen und so rund 20 000 Nasa-Mitarbeiter für die neuen Projekte frei zu bekommen - mit Mann und Maus zu Mond und Mars. Jede Raumfähren-Mission schlug zudem mit rund 500 Millionen Dollar zu Buche, so dass diese Summe künftig für andere Zwecke zur Verfügung stünde. Damit hätte Bush dann auch die erforderliche Begründung, um die US-Beteiligung an der Internationalen Raumstation zurückzufahren und sich zunächst ganz auf die neue Mond-Basis zu konzentrieren. Vor allem die Idee, einen Menschen auf den Mars zu schicken, bereitet jedoch nicht wenigen Experten in den USA bereits jetzt Kopfschmerzen. So warnt Harrison Schmitt, der 1972 einer der beiden letzten Amerikaner auf dem Mond war: "Ein Vordringen tief in den Weltraum ist viel komplexer und gefährlicher als Missionen in der Erd-Umlaufbahn."

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