Mauerbau und Mauerfall: Zahlen und Fakten zum historischen Ereignis

Berlin · Wie lang war die Berliner Mauer? Warum waren Wahlen in der DDR weder geheim noch frei? Und wieso kam es zum Mauerfall? Die wichtigsten Fragen und Antworten finden Sie hier.

Maße: Am 13. August 1961 beginnt um 01.00 Uhr nachts die systematische Abriegelung der rund 155 Kilometer langen Grenze um West-Berlin - davon trennen 43 Kilometer das Berliner Stadtgebiet. Der Todesstreifen ist zuletzt 15 bis 150 Meter breit.

Aufbau: Von 1975 an wird auf fast 42 Kilometern die Grenzmauer mit 3,60 Meter hohen Segmenten neu errichtet. Auf die jeweils 2,75 Tonnen schweren Elemente werden vier Meter lange Rohrauflagen gesetzt. Daneben besteht die Grenze um West-Berlin aus einer Mauer in Plattenbauweise, einem Metallzaun oder Gewässern.

Übergänge: Acht Grenzübergänge verbinden die beiden Stadtteile. Am Checkpoint Charlie in der Friedrichstraße droht im Oktober 1961 ein Gefecht von sowjetischen und US-Panzern. Am 9. November 1989 gelangen in der Bornholmer Straße die ersten DDR-Bürger in den Westen.

Tote: Mindestens 138 Menschen werden bei Fluchtversuchen getötet - die meisten in den ersten fünf Jahren nach dem Mauerbau. Das erste Opfer erliegt am 22. August 1961 beim Sprung aus einer Wohnung in der Bernauer Straße seinen Verletzungen. Zwei Tage später treffen die ersten Schüsse einen Flüchtigen im Humboldthafen. Der letzte an der Mauer Erschossene ist ein 20-Jähriger. Er stirbt am 5. Februar 1989 bei einem Fluchtversuch an der Grenze nach Neukölln. Das letzte Opfer der Mauer stürzt am 8. März 1989 mit einem selbst gebauten Ballon im West-Berliner Stadtteil Zehlendorf ab. Am 3. April 1989 wird der Schießbefehl aufgehoben.

Flucht: In den 28 Mauerjahren bewachen insgesamt mehr als 10 000 Soldaten der Nationalen Volksarmee die Berliner Grenze. Es gibt rund 300 Beobachtungstürme. Mehr als 5000 Menschen gelingt die Flucht - aus der gesamten DDR fliehen rund 40 000. Die Bundesrepublik kauft knapp 34 000 politisch Inhaftierte aus DDR-Gefängnissen frei.

Wahlen: In der DDR gab es bis zur Wende 1989/90 weder freie noch geheime Wahlen. Zwar standen in den Wahllokalen Wahlkabinen, aber sie wurden in aller Regel nicht benutzt. Schon ein Gang in ihre Richtung erregte Misstrauen. Üblich war, dass der Wähler seinen Wahlschein vor den Augen der Wahlhelfer faltete und in die Urne warf, ohne etwas daran zu verändern. Deshalb wurde die Wahl umgangssprachlich als „Falt-Wahl“ oder „Zettelfalten“ bezeichnet. Wettbewerb zwischen den Parteien gab es nicht. Auf dem Wahlzettel standen keine Parteien, sondern Personen. Sie gehörten der Staatspartei SED oder einer der vier Blockparteien an. Dazu kamen Kandidaten von gesellschaftlichen Organisationen wie dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund, der Freien Deutschen Jugend oder dem Kulturbund. Alle zusammen fanden sich als Wahlvorschlag der Nationalen Front (Einheitsliste) auf den Stimmzetteln. Der Wähler konnte einzelne Namen streichen oder den gesamten Stimmzettel ungültig machen. In diesem Fall war jedoch mit Repressionen zu rechnen. Zudem waren sogenannte Wahlschlepper unterwegs, um säumige Wähler zum Gang ins Abstimmungslokal zu bewegen und Unschlüssige doch noch zu überreden. Auch wer krank war und das Haus nicht verlassen konnte, wurde nicht geschont: Zu ihm kam die „fliegende Wahlurne“.

Chronik: Die gefälschten Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989 gelten bis heute als wichtige Wegmarke für den Umsturz in der DDR. Sechs Monate später fiel die Mauer, am 3. Oktober 1990 folgte die deutsche Einheit, der kommunistische Staat existierte nicht mehr. Eine Chronologie:

7. Mai 1989: In der DDR finden die letzten Kommunalwahlen nach dem Einheitslistenprinzip statt. Nach offensichtlichen Wahlfälschungen protestieren Oppositionelle öffentlich gegen den Wahlbetrug.

28. Juni: DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker besucht Moskau und lehnt es ab, in der DDR Reformen zuzulassen. Im Laufe des Sommers fliehen unzählige DDR-Bürger in die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin sowie in die Botschaften in Budapest, Warschau und Prag.

4. September: In Leipzig versammeln sich nach dem traditionellen Friedensgebet in der Nikolaikirche mehrere Hundert Menschen vor dem Gotteshaus. Sie fordern Reisefreiheit und die Abschaffung der Staatssicherheit. Daraus entstehen die Montagsdemonstrationen.

11. September: Ungarn öffnet die Grenze zu Österreich, die Massenflucht von DDR-Bürgern beginnt. Zehntausende Ostdeutsche reisen in den Westen aus.

30. September: Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher verkündet 6000 Flüchtlingen in der Prager Botschaft, dass die DDR die Ausreise genehmigt hat. Sie reisen in versiegelten Sonderzügen durch die DDR in die BRD.

7. Oktober: Bei seinem Besuch in Ost-Berlin zum 40. Jahrestag der DDR mahnt der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow grundlegende Reformen an.

9. Oktober: In Leipzig gehen 70 000 Menschen auf die Straße, um friedlich für Reformen zu demonstrieren. Die Staatsmacht greift nicht ein, das befürchtete Blutvergießen bleibt aus.

18. Oktober: Egon Krenz löst Erich Honecker als SED-Generalsekretär ab. Er kündigt eine „Wende“ an, doch die Kundgebungen gehen weiter.

7. November: Die DDR-Regierung tritt zurück, tags darauf auch das SED-Politbüro. Krenz wird als Generalsekretär bestätigt. Im neu formierten Politbüro, dem höchsten Machtzirkel, herrscht Konfusion.

9. November: Das SED-Politbüromitglied Günter Schabowski kündigt auf einer Pressekonferenz eher beiläufig an, die DDR werde ihren Bürgern künftig Reisefreiheit gewähren und mit sofortiger Wirkung die Grenzen öffnen. Bis in die Nacht strömen Tausende in den Westen. Nach 28 Jahren ist die Mauer gefallen.

18. März 1990: In der DDR finden die ersten freien Volkskammerwahlen statt. Klarer Sieger ist die konservative Allianz mit der CDU an der Spitze. Lothar de Maizière(CDU) wird Ministerpräsident.

18. Mai: Der Staatsvertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion wird unterzeichnet. Für Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) ist dies die „Geburtsstunde eines freien und einigen Deutschlands“.

1. Juli: Die Wirtschafts- und Währungsunion tritt in Kraft.

23. August: Mit klarer Mehrheit bestimmt die Volkskammer den 3. Oktober als Tag des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik. Ende August wird in Ost-Berlin der Einigungsvertrag unterschrieben.

3. Oktober: Der Beitritt wird vollzogen, beide Teile Deutschlands sind wieder vereint. Der Tag der Deutschen Einheit ist seitdem Feiertag.

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