McCain im Stadion, Obama im Irak

Die erste Auslandsreise des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Obama beherrscht wie kein anderes Thema das Nachrichtenprogramm der großen US-Kabelsender und die gedruckten Medien.

Washington. John McCain im New Yorker "Yankee"-Stadion bei einem Baseball-Spiel. Barack Obama in Afghanistan mit Präsident Hamid Karsai. Diese Foto-Kombination erwartete gestern die US-Bürger beim Frühstück in vielen Tageszeitungen. Im Lager des Demokraten rieb man sich die Hände: Man hatte einmal mehr erfolgreich auf die Macht der Bilder gesetzt. Denn schon der erste Tag der Auslandsreise des Präsidentschaftsbewerbers zeigte den 46-Jährigen als Politiker auf der Weltbühne - während sein republikanischer Mitbewerber, in die Defensive gedrängt, sich mit einem Sportereignis daheim verzweifelt gegen die übermächtige mediale Dominanz des Konkurrenten stemmte. Und dann die Aufnahmen von Obamas Irak-Besuch: Die Tournee des Hoffnungsträgers der Demokraten beherrscht derzeit wie kein anderes Thema das Nachrichtenprogramm der großen US-Kabelsender und die gedruckten Medien. Erstmals begleiten die Chefmoderatoren von CBS, ABC und NBC geschlossen einen Kandidaten für das Weiße Haus ins Ausland.

"Mission accomplished" - Mission erfüllt, dürften deshalb die Berater Obamas noch vor dessen Eintreffen in Berlin, Paris und London jubeln. Denn quasi über Nacht haben die Aufnahmen aus Afghanistan und Irak verdrängt, dass der 46-Jährige aussenpolitisch ein unbeschriebenes Blatt ist. Obama beim Mittagessen mit Soldaten, Obama beim erfolgreichen Basketball-Korbwurf mit ihm zujubelnden Armeeangehörigen, Obama im ernsten Gespräch mit General David Petraeus, dem US-Oberkommandierenden im Irak, und Iraks Regierungschef Nuri al-Maliki. Dies alles kumuliert zu dem optischen Eindruck, dass sich der Bewerber, dessen genauer Teminplan weiter mit großer Geheimhaltung behandelt wird, gelassen und souverän in einer ihm bis dahin fremden Welt bewegen kann. "Er wirkt schon sehr wie ein Präsident," schmeichelte gestern ein CNN-Kommentator.

Kritik: Wahlkampf-Premiere in Übersee



Ein Eindruck, der sich in den nächsten Tagen auch durch die Siegessäulen-Rede zum transatlantischem Verhältnis noch verstärken dürfte - wobei man im Obama-Camp schon der möglichen Interpretation vorbeugt, hier werde bereits aktiv Außenpolitik gemacht, bevor die Wahl entschieden sei. "Es gibt derzeit nur einen US-Präsidenten," so Susan Rice, außenpolitische Chefberaterin des Demokraten, "und wir werden dies ganz gewiss respekteren."

Doch seinen Mitbewerber John McCain, dessen Wahlkampagne ganz auf dessen sicherheitspolitischem Resumee und militärpolitischer Erfahrung aufgebaurt ist, hat Barack Obama mit dem Ausflug in die Weltpolitik kalt erwischt. Monatelang hatte McCain Obama dafür kritisiert, erst einmal im Irak und noch nie in Afghanistan gewesen zu sein - nun zeigen sich der Vietnam-Veteran und seine Berater hin- und hergerissen beim Versuch, die alles dominierende Obama-Reise zu bewerten. "Ich freue mich darüber, dass er sich im Irak und in Afghanistan informiert," so ein sauertöpfisch wirkender McCain zu Journalisten. Doch Stunden zuvor hatte seine Kommunikations-Chefin Jill Hazelbaker noch Obama kritisiert: Die Reise sei nichts anderes als eine Wahlkampf-Premiere in Übersee. Geschmerzt hat die Republikaner auch, dass Iraks Ministerpräsident Maliki nun in einem Interview offenbar dem 16-Monate-Abzugsplan Obamas zustimmte. Dass Maliki dann wenig später - nach massiver Intervention aus dem Weißen Haus und dem US-Außenministerium - mit dem Hinweis auf "Übersetzungsfehler" zurückruderte, änderte jedoch am Gesamteindruck für die Wähler in der Heimat nichts. Und der ist momentan: Obama kann und will einen ungeliebten Krieg in absehbarer Zeit beenden.

Hinzu kommt die für McCain ebenfalls schmerzhafte Auffassung der Bürger, dass Obama - und nicht er - bessere Chancen habe, das Image Amerikas in der Welt zu verbessern. Eine Umfrage ergab jetzt, dass nur 18 Prozent dies dem Republikaner zutrauen. Doch 48 Prozent glauben daran, dass der 46-jährige Senator aus Illinois diese Aufgabe bewältigen kann. Allerdings warnen manche Beobachter in den USA bereits davor, dass die derzeitige Euphorie für den Außenpolitiker Obama schnell in Ernüchterung umschlagen könne. "Auch wenn Obama von den Bush-müden Europäern wie ein Superstar behandelt wird, so dürften sich doch manche Amerikaner darüber wundern, was er dort zu Zeiten macht, wo sie ihr Benzin nicht mehr bezahlen können, wo der Dollar der Kauknochen des Euro ist, wo Budweiser-Bier belgisch wird und wo der Chrysler-Wolkenkratzer in New York arabische Besitzer bekommen hat," warnte jetzt die prominente, als liberal geltende Kolumnistin Maureen Dowd in der "New York Times".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort