Mehr Flexibilität beim Übergang in den Ruhestand

Berlin · Nach über einem Jahr zäher Verhandlungen haben sich Union und SPD auf flexiblere Übergänge in den Ruhestand geeinigt. Die Bestimmungen sollen bis Mitte 2016 in Kraft treten.

Berlin. Um die Arbeitsgruppe der großen Koalition zur Auslotung flexibler Rentenübergänge war es still geworden. Auch Optimisten glaubten kaum noch an einen Durchbruch. Zu gegensätzlich schienen die Positionen zu sein. Während die Union auf eine Art Wiedergutmachung der von ihr ungeliebten, abschlagsfreien Rente mit 63 sinnte, favorisierte die SPD sogar eine Ausweitung der Frühverrentung, indem man eine Teilrente bereits mit 60 Jahren gewähren wollte. Davon ist nun keine Rede mehr. Trotzdem zeigten sich die Akteure zufrieden. "Was lange währt, währt gut", meinte die SPD-Verhandlungsunterhändlerin Katja Mast. "Die Flexirente wird längeres Arbeiten belohnen", schwärmte ihr CDU-Kollege Karl Schiewerling. Die wichtigsten Beschlüsse im Überblick:
Teilrente: Nach geltendem Recht wird heute frühestens ab dem 63. Lebensjahr eine Teilrente gewährt. Und zwar zu einem Drittel, zur Hälfte oder zu zwei Dritteln der vollen Rente. Wenn der Zuverdienst jedoch die jeweils entsprechende Grenze nur um einen Cent überschreitet, fällt die Teilrente um eine Stufe niedriger aus. Dadurch ist das Modell unattraktiv.
Neuregelung: Künftig sollen die drei Stufen wegfallen. Pro Jahr können bis zu 6300 Euro hinzuverdient werden, ohne dass die Rente gekürzt wird. Darüber hinaus gehende Zuverdienste werden zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Liegt der Verdienst also zum Beispiel bei 6301 statt 6300 Euro, wird die Rente um 40 Cent gekürzt. Als Obergrenze für den Zuverdienst gilt die Höhe des vorher individuell erzielten Bruttoverdienstes. Einkommen darüber hinaus werden komplett auf die Rente angerechnet.
Aktivierung: Für Personen, die über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten und bereits ihre Rente beziehen, muss der Arbeitgeber nach geltendem Recht weiter den hälftigen Anteil der Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung abführen. Daraus entstehen dem Arbeitnehmer aber keine Leistungsansprüche. Er ist von den Beiträgen befreit.
Neuregelung: Künftig kann der arbeitende Rentner seine Rente steigern, wenn er auch den hälftigen Rentenbeitrag abführt. Allerdings nur auf freiwilliger Basis. Bei einem Durchschnittsverdiener im Westen würde sich die Rente für ein zusätzliches Arbeitsjahr um gut 29 Euro erhöhen. Im Osten wären es rund 27 Euro mehr. Auf diese Neuregelung hatte die Union gedrängt, um einen stärkeren Arbeitsanreiz für Senioren zu schaffen. Für den Arbeitgeber wiederum entfällt künftig der hälftige Beitrag zur Arbeitslosenversicherung. Auch das will die Union als Attraktivitätsschub verstanden wissen, um Ältere in Arbeit zu halten. Diese Regelung wird zunächst auf fünf Jahre befristet.
Zwangsrente: Nach den Regeln des Sozialrechts sind Menschen verpflichtet, zum frühstmöglichen Zeitpunkt auch mit Abschlägen in Rente zu gehen, wenn sie lange ohne Job waren. Denn grundsätzlich gilt: Zuerst muss das selbst Erarbeitete zum Zuge kommen - in diesem Fall die Rente -, bevor der Staat mit der Grundsicherung einspringt. Kritiker sprechen deshalb von einer Zwangsverrentung.
Neuregelung: Künftig können Betroffene nicht mehr gezwungen werden, vorzeitig in Rente zu gehen, wenn ihre Altersvorsorgung so niedrig ausfällt, dass sie womöglich bis zum Lebensende zusätzlich auf ergänzende Grundsicherung angewiesen sind. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen weiter arbeitssuchend bleiben wollen.
Sonstiges: Wer schon mit 55 Jahren weiß, dass er mit 63 unter Abschlägen in Rente gehen will, der kann bereits ab diesem Alter Zahlungen an die Rentenkassen leisten, um diese Abschläge auszugleichen. Künftig wird das bereits ab einem Alter von 50 möglich sein. Ein weiterer Beschlusspunkt ist ein Modellprojekt für freiwillige berufsbezogene Gesundheits-checks, um auf diese Weise einen längeren Verbleib im Erwerbsleben sicherzustellen. Darauf hatte die SPD gedrängt.

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