Mehr Geld unter der Reichstagskuppel

Trier · Von heute an sollen die 631 Bundestagsabgeordneten mehr Geld verdienen - 8667 statt 8252 Euro monatlich. Doch Bundespräsident Joachim Gauck hat das entsprechende Gesetz noch nicht unterschrieben. "Er wird es noch tun", glaubt eine Mehrheit der regionalen Parlamentarier.

Trier. Es ist eine kräftige Gehaltsanhebung, die den Bundestagsabgeordneten winkt: In zwei Stufen sollen ihre Diäten um insgesamt 830 auf 9082 Euro monatlich ab dem nächstem Jahr angehoben werden (siehe Extra). Danach sollen die Politikerbezüge automatisch an die Entwicklung der Bruttolöhne gekoppelt werden. Damit, so die Hoffnung der meisten Befürworter, ist das leidige Thema dann ein für allemal vom Tisch.
Sämtliche parlamentarischen Hürden hat das Gesetz schon genommen. Doch nun stellt sich Bundespräsident Joachim Gauck quer. Er muss das Gesetz unterzeichnen, damit es in Kraft treten kann.
Angeblich haben die Juristen des Bundespräsidialamts verfassungsrechtliche Bedenken. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, meinen die meisten Abgeordneten aus der Region Trier. "Ich gehe davon aus, dass der Bundespräsident die Verfassungskonformität des Diäten-Gesetzes bestätigen wird", sagt etwa der Cochemer CDU-Abgeordnete und Landwirtschaftsstaatssekretär Peter Bleser. Der gleichen Meinung ist auch der Trierer CDU-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Geschäftsführer Bernhard Kaster: "Ich habe keine Zweifel, dass diese transparente Regelung auch im Sinne unseres Grundgesetzes ist."
Der Eifeler CDU-Abgeordnete Patrick Schnieder und die Trierer SPD-Politikerin Katarina Barley weisen darauf hin, dass das Gesetz auf dem Vorschlag einer unabhängigen Expertenkommission beruhe. Nicht zuletzt deshalb gehe sie davon aus, dass das Gesetz einer unabhängigen Prüfung standhalten werde, sagt Barley. Der Bundespräsident sei verpflichtet, die Rechtmäßigkeit von Gesetzen zu überprüfen, sagt Patrick Schnieder, der auch Generalsekretär der rheinland-pfälzischen CDU ist. "Seine Unterschrift kann der Bundespräsident aber nur verweigern, wenn ein Gesetz formell oder ganz offensichtlich inhaltlich verfassungswidrig wäre", meint Schnieder. Dafür gebe es allerdings keinen Anhaltspunkt.
Da ist die Linke Katrin Werner ganz anderer Meinung. Die Erhöhung sei von einer "angemessenen, die Unabhängigkeit sichernde Entschädigung", wie es im Grundgesetz stehe, weit entfernt, kritisiert die Trierer Bundestagsabgeordnete. Deshalb sei die Erhöhung nicht nur unrechtmäßig, "sondern auch blanker Hohn gegenüber allen Menschen, die genauso hart arbeiten wie wir Abgeordnete, aber nicht einmal von ihrem Gehalt leben können".
Für die Trierer Grünen-Parlamentarierin Corinna Rüffer kommt die Diätenerhöhung zum falschen Zeitpunkt: "In einer Zeit, in der die normale Arbeitnehmerschaft die Reallohnverluste der letzten Jahre noch deutlich spürt, sollten die Abgeordneten andere Prioritäten haben, als sich die Diäten zu erhöhen." In einem Punkt immerhin sind die sechs Bundestagsabgeordneten aus der Region Trier einer Meinung: Der Bundespräsident soll sich alle Zeit der Welt lassen, um das Gesetz zu überprüfen. Und das hat Joachim Gauck wohl auch vor. "Es ist eine komplexe Angelegenheit, die einer sorgfältigen Prüfung bedarf", kommentierte eine Sprecherin des Präsidenten entsprechende Medienanfragen.
Wenn Gauck das Gesetz unterschreibt, tritt die Diätenerhöhung rückwirkend in Kraft. Die Linke Katrin Werner wird es grämen, ihren Wahlkreis freuen. Werner hat angekündigt, die Gehaltserhöhung an gemeinnützige Initiativen zu spenden. Ob befristet oder auf Dauer, ließ sie allerdings offen.Extra

Die Abgeordnetendiät wurde zuletzt im vergangenen Jahr erhöht und beträgt derzeit 8252 Euro monatlich. Nach einer Anhebung in zwei Schritten entsprechen die Diäten ab 2015 mit 9082 Euro der Besoldung von Bundesrichtern. Von 2016 an sollen die Bezüge der Bundestagsabgeordneten automatisch an die Entwicklung der Bruttolöhne gekoppelt werden. Einschnitte gibt es bei der Altersversorgung. Ausgeschiedene Abgeordnete können künftig frühestens mit 63 Jahren eine Altersversorgung mit Abschlägen bekommen, bisher ging dies mit 57 Jahren ohne Abschläge. dpa/sey

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