Mehr Gerechtigkeit, weniger Agenda 2010

Augsburg · Deutschland soll gerechter werden. Das ist die zentrale Botschaft des Wahlprogramms der SPD, das die Genossen gestern auf ihrem Bundesparteitag in Augsburg verabschiedet haben.


Augsburg. Zu den wichtigsten Projekten im neuen SPD-Wahlprogramm gehören ein flächendeckender Mindestlohn, höhere Renten für Niedrigverdiener und Steuererhöhungen für Spitzenverdiener. Dafür hat die SPD auch frühere Beschlüsse entsorgt.
Arbeit: Die SPD will prekäre Beschäftigung wie Leiharbeit "überwinden". Leiharbeiter sollen den gleichen Lohn wie Stammbeschäftigte erhalten, Mini-Jobs besser sozial abgesichert und die grundslose Befristung von Arbeitsverträgen gekippt werden.
Mindestlohn: Gefordert wird ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro. Dieser Einstiegsbetrag soll von einer unabhängigen Expertenkommission regelmäßig überprüft und angepasst werden.
Renten: Eine "Solidarrente" soll dafür sorgen, dass die Altersbezüge bei 40 Versicherungsjahren nicht unter 850 Euro liegen. Die Finanzierung ist über das Steueraufkommen vorgesehen, weitere Verbesserungen, etwa bei den Erwerbsminderungsrenten sollen über einen höheren Rentenbeitrag bezahlt werden. Außerdem will die SPD die Rente mit 67 so lange aussetzen, bis mindestens die Hälfte der über 60-Jährigen einen sozialversicherungspflichtigen Job hat. Derzeit sind es weniger als ein Drittel.
Steuern: Der Spitzensteuersatz von heute 42 beziehungsweise 45 Prozent soll für zu versteuernde Einkommen ab 100 000 Euro für Ledige (200 000 für Verheiratete) auf 49 Prozent steigen. Doch schon, wer mehr als 64 000 Euro zu versteuern hat, gehört zu den Verlierern beim SPD-Modell. Steuerliche Entlastungen für Einkünfte unterhalb von 64 000 Euro sind anders als in einem ähnlichen Steuerkonzept der Grünen nicht vorgesehen. Die Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte soll von 25 auf 32 Prozent steigen. Zugleich behält sich die SPD ausdrücklich eine Rückkehr zur alten Praxis vor, die Kapitalvermögen wieder mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu belasten. Die pauschale Abgeltungssteuer war allerdings von Peer Steinbrück selbst eingeführt worden. Sein Credo als früherer Bundesfinanzminister: "Besser 25 Prozent von X als nix".
Vermögen: Die SPD plädiert für die Wiedereinführung der Vermögensteuer, die aber nicht die Investitionsspielräume von Personengesellschaften und Familienunternehmen belasten soll. Auch das "normale Einfamilienhaus" soll von der Vermögenssteuer verschont bleiben.
Kindergeld: Familien mit einem Erwerbseinkommen von unter 30 000 Euro im Jahr sollen künftig bis zu 140 Euro mehr Kindergeld pro Kind und Monat bekommen. Zusammen mit dem Mindestlohn soll das erhöhte Kindergeld dafür sorgen, dass Eltern mit Vollzeitjob nicht in die Bedürftigkeit abrutschen. Weil die SPD zur Gegenfinanzierung den von ihr einst selbst eingeführten Freibetrag zur Betreuung von Kindern streichen will, müssen jedoch Eltern mit mittleren Einkommen draufzahlen.
Wohnen: Die SPD will den Mietanstieg bremsen. Bei Neuvermietungen soll nur noch ein Aufschlag von bis zu zehn Prozent erlaubt sein. Auch sollen Sanierungskosten für die Mieter weniger zu Buche schlagen dürfen als bisher. vet

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