Mehr Schaden als Nutzen

Fast schon reflexartig sind die Reaktionen deutscher Politiker, wenn der erste Schock nach den Terror-Anschlägen abgeklungen ist. Nach dem 11. September 2001 wurden Anti-Terror-Pakete geschnürt.

Fast schon reflexartig sind die Reaktionen deutscher Politiker, wenn der erste Schock nach den Terror-Anschlägen abgeklungen ist. Nach dem 11. September 2001 wurden Anti-Terror-Pakete geschnürt. Nach den Anschlägen von Madrid flammte die Diskussion um erweiterte Polizeibefugnisse – auch für die Bundeswehr – auf. Und nun, knapp eine Woche nach dem Terror im Herzen Londons, wird der Ruf nach mehr Überwachung laut. Geht es nach dem Willen einiger Unionspolitiker, werden künftig deutlich mehr elektronische Augen auf uns gerichtet sein. Das soll die Bürger in Sicherheit wiegen, soll zeigen: "Wir tun etwas." Dabei haben gerade in London, wo nach Schätzungen etwa zehn mal mehr Kameras stehen als in Berlin, alle Überwachungsmaßnahmen nicht geholfen, die Anschläge auf die U-Bahn und den Doppeldecker-Bus zu verhindern. Zwar mögen die Kameras hinterher dazu beigetragen haben, die Täter zu identifizieren. Auf die Spur gekommen ist ihnen die britische Ordnungsmacht jedoch mit ganz herkömmlicher Kombinationsgabe: Eine Vermisstenmeldung und am Ort der Anschläge gefundene persönliche Dokumente brachten die Polizei überhaupt erst auf die jungen Briten pakistanischer Herkunft aus Leeds. Vor diesem Hintergrund sind die neuesten Vorschläge nichts weiter als Aktionismus, der der informationellen Selbstbestimmung jedes Bürgers mehr schadet, als er zu dessen Schutz bringt. Die Terroristen greifen unsere freiheitliche Demokratie an. Werden zur Abwehr dessen nun die Errungenschaften dieser Demokratie Stück für Stück aufgegeben, sind die Täter ihrem Ziel schon einen großen Schritt näher gekommen. r.gruen@volksfreund.de

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