Mehr Schutz für Polizisten

Überbordende Gewalt gegen Polizisten im Einsatz: Die zunehmende Brutalität hat die Politiker aufgeschreckt. Union und FDP wollen nun die Strafen bei Widerstand gegen die Beamten deutlich verschärfen.

 Krawalle in Berlin-Kreuzberg am 1. Mai 2009: Polizisten stehen hinter einem auf der Straße liegenden Pflasterstein. Foto: dpa

Krawalle in Berlin-Kreuzberg am 1. Mai 2009: Polizisten stehen hinter einem auf der Straße liegenden Pflasterstein. Foto: dpa

Berlin. Kreuzberg, 1. Mai 2009: Mehr als 5000 Polizisten sind im Einsatz und erleben eine neue Brutalität bei den schon traditionellen Mai-Krawallen. Es fliegen Steine, Flaschen und Böller. 273 Beamte werden verletzt, so viele wie noch nie.

Diese Ereignisse, meinte gestern der neue Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages, Wolfgang Bosbach (CDU), hätten die Politik noch einmal zusätzlich aufgeschreckt. "Für die Polizei ist die Gewalt im Einsatz inzwischen das größte Problem", so Bosbach im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die Zahlen sprechen für sich: Rund 28 000 Fälle, in denen sich Menschen gegen Polizisten zu Wehr gesetzt haben, verzeichnet die Statistik für das vorige Jahr. Das sind 5000 mehr als noch 2002. Die Beamten werden im täglichen Dienst immer häufiger attackiert und angegriffen: "Wir haben es mit zum Teil massiver Gewalteinwirkung zu tun", so Bosbach. Bei vielen Menschen, heißt es in einem internen Papier der Innenministerkonferenz, sei "ein Abhandenkommen von Respekt vor der Polizei" festzustellen. Die Ereignisse am 1. Mai hätten dem Thema "zweifellos besondere Aktualität und Brisanz" verliehen.

Innenexperte mahnt Korrekturen an



Bislang droht bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in besonders schweren Fällen (Paragraf 113 StGB) eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. "Diese relative geringe Strafandrohung wird den Taten nicht mehr gerecht", betonte der Innenexperte. Man werde sich jetzt genau anschauen, welche Korrekturen notwendig seien, sagte der Rechtsexperte der FDP, Jörg van Essen. "Die Polizisten werden immer mehr zum Freiwild. Das ist nicht zu akzeptieren."

Bosbach forderte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf, nun zügig einen Vorschlag mit einer "Erhöhung des Strafrahmens" zu erarbeiten, damit das Vorhaben im nächsten Jahr rasch umgesetzt werden könne. Er plädierte außerdem dafür, auch eine "moderate Mindeststrafe" einzuführen, damit Übergriffe auf Polizisten nicht mehr als Bagatellfälle behandelt werden könnten. Dazu sei die FDP aber bislang nicht bereit, bedauerte der CDU-Politiker.

"Das reicht uns nicht", kommentierte gestern der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, die Pläne der Koalition. "Wir wollen einen eigenständigen Paragrafen Angriff auf Polizisten im Strafgesetzbuch haben." Einen entsprechenden Vorschlag habe man erarbeitet und werde ihn jetzt den Innenministern und den Bundestagsfraktion zuleiten. In den vergangenen Jahren hat sich laut Freiberg die Zahl der "unmotivierten Angriffe auf Polizisten" gerade durch Jugendliche drastisch erhöht. Straftaten wie Körperverletzungen würden aber kaum geahndet. Derzeit laufe eine von den Innenministern der Länder initiierte Studie mit einer Befragung von rund 250 000 Beamten, um festzustellen, wie viele jedes Jahr verletzt würden. Dazu gebe es bislang nämlich keine Erhebungen.

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