Mehr sozialdemokratische Hausmannskost gefordert

Berlin · Die Linken in der SPD drängen ihre Partei zu einer Stärkung des sozialen Profils. "Wie müssen unsere sozialdemokratische Hausmannskost präzisieren", sagte der Chef des Arbeitnehmerflügels (AfA), Klaus Barthel, gestern unserer Zeitung. Nagelprobe dafür soll ein kleiner Parteitag der Sozialdemokraten sein, der an diesem Wochenende in Berlin stattfindet.

Berlin. Der linke SPD-Flügel sieht sich im Aufwind. Schließlich hat auch Sigmar Gabriel zuletzt kräftig nach links geblinkt. "Wir müssen uns fragen, ob wir den Gerechtigkeitshunger unserer Zeit ausreichend begreifen", meinte der Parteivorsitzende vor knapp einem Monat bei einer "Wertekonferenz" im Willy-Brandt-Haus. Dort sprach Gabriel auch von einem "Alarmsignal", dass nur noch knapp ein Drittel der Bürger den Sozialdemokraten eine Lösung in Fragen der sozialen Gerechtigkeit zutrauen. In einem aktuellen Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit ermunterte Gabriel die Seinen sogar dazu, "grundsätzlicher und radikaler" im Kampf um soziale Gerechtigkeit zu werden.
Geht es nach den Parteilinken, dann soll dieser Vorsatz möglichst schnell mit Leben und bindenden Beschlüssen gefüllt werden, bevor es sich Gabriel vielleicht wieder anders überlegt. Ein Forum dafür könnte der turnusmäßige Konvent mit etwa 200 Delegierten sein, der an diesem Sonntag unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Berlin zusammenkommt. "Wir wollen Sigmar Gabriel beim Wort nehmen und den Konvent nutzen, um die Richtung festzuklopfen", betonte Barthel.
Formal geht es bei dem Treffen um die Abarbeitung zahlreicher noch unerledigter Anträge vom letzten Bundesparteitag im Dezember. Erwartet wird aber auch ein längerer Auftritt Gabriels. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley kündigte eine "umfassende Rede" des Vorsitzenden an, die den "momentanen Zustand aufgreift".Kampf mit der 20-Prozent-Hürde


Der ist bekanntlich wenig ersprießlich. Längst kämpft die SPD in Umfragen mit der 20-Prozent-Hürde. Und trotz stark gesunkener Sympathiewerte für Angela Merkel würden sich bei einer Direktwahl des Kanzlers immer noch doppelt so viele Bürger für sie entscheiden wie für Gabriel.
Nach dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend geben selbst die eigenen Genossen hier Merkel den Vorzug. Der ehemalige SPD-Regierungschef Gerhard Schröder forderte deshalb jetzt von seiner Partei, sie solle sich "hinter dem Vorsitzenden versammeln, ihn nicht allein lassen".
Nach Einschätzung der Parteilinken kann die SPD dagegen nur mit einem glasklaren sozialen Programm wieder punkten. Schon im Frühjahr hatte man ein Positionspapier mit der Überschrift "Profil schärfen - sozialdemokratischer Aufbruch" veröffentlicht. Nun liegt es dem Konvent als Antrag vor. Darin werden zum Beispiel ein höherer Spitzensteuersatz und die Wiedereinführung der Vermögensteuer gefordert.
Ein entsprechender Antragsentwurf des Parteivorstands mit dem Titel "Solidarprojekt" ist Barthel dagegen "zu verschwommen". Mit bloßer Parteirhetorik komme man nicht bei den Wählern an, so der AfA-Chef.
Als konkretes Beispiel nannte er die Rentenpolitik. Im Vorstandsantrag ist nur allgemein vom Ziel eines stabilen Rentenniveaus die Rede. "Das sagt doch gar nichts, denn ein stabiles Rentenniveau kann auch stabil niedrig sein", kritisierte Barthel. Die Parteilinke will das Rentenniveau bei "mindestens 50 Prozent" vom allgemeinen Durchschnittslohn festschreiben. Solche "Eckpunkte" müsse der Konvent schon für die Erarbeitung des Wahlprogramms 2017 setzen, meinte Barthel.
Hier trat Generalsekretärin Barley allerdings auf die Bremse: "Jetzt bindendende Beschlüsse für den Programmprozess zu fassen wäre absurd." Der Konflikt über die künftige Ausrichtung der SPD steht also erst am Anfang.

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