Meinung

Eigentlich war der hemdsärmelige Eifeler Christdemokrat Michael Billen nach der neuerlich vergeigten Landtagswahl seines Parteifreundes Christoph Böhr politisch schon tot oder zumindest auf dem absteigenden Ast: das Duell gegen seinen Kontrahenten Christian Baldauf verloren, dazu Teile des eigenen Bezirks gegen sich aufgebracht wegen der in letzter Minute gescheiterten Sparkassenfusion.

Hätte Billen die Kampfabstimmung gegen seinen Herausforderer Bernhard Kaster am Samstag verloren, womit noch vor ein paar Tagen die meisten Beobachter insgeheim gerechnet haben, wäre der Kaschenbacher politisch künftig nur noch ein zahnloser Tiger gewesen. Sicher: Er hätte weiter gebrüllt, aber niemandem mehr Angst eingejagt.Auf dem Irreler CDU-Parteitag ist aber genau das Gegenteil eingetreten: Wenige Schritte vor dem politischen Abgrund hat die Kämpfernatur Michael Billen - wenn auch mit Unterstützung anderer - das Ruder noch einmal herumgerissen und die Wahl für sich entschieden. Das Paradoxe daran: Der hauchdünne Sieg macht den zuvor angeschlagenen Parlamentarier mächtiger denn je. Zumindest auf Bezirksebene wird ihn so schnell kein Parteifreund mehr angreifen.Natürlich hat schon vor zweieinhalb Jahren Billens Triumph über seinen Vorgänger Peter Rauen aufhorchen lassen. Aber Rauen hatte den politischen Zenit seinerzeit schon überschritten, große Teile der Partei waren einfach unzufrieden mit dem (zu) lange amtierenden Vorsitzenden. Anders das Kaliber von Bernhard Kaster: Der Trier-Pfalzeler ist ein politischer Senkrechtstarter, der es in der Bundes-CDU innerhalb von nur fünf Jahren weit nach vorne geschafft hat - bis zum Parlamentarischen Geschäftsführer. Abstimmungs-Niederlagen waren für den 49-Jährigen bis dato ein Fremdwort. Einen derart Kraft strotzenden Herausforderer muss man erst einmal besiegen. Dass Michael Billen dies gelungen ist, zeigt, dass der Eifeler trotz oder gerade wegen seiner Ecken und Kanten weiter einen großen Rückhalt in der Partei hat und mit ihm zu rechnen ist. Totgesagte leben länger. Bernhard Kaster dagegen ist um eine bittere Erfahrung reicher: Auch in der Politik wachsen Bäume nicht in den Himmel. r.seydewitz@volksfreund.deTotgesagte leben länger

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