Meinung

Unsere Nachbarn haben mit der Wahl ihres Präsidenten eine neue Ära in Frankreich eingeleitet. Selten hat ein Kandidat dabei so sehr polarisiert wie der 52-jährige Nicolas Sarkozy, Sohn eines ungarischen Emigranten, der sich in seiner steilen politischen Karriere schnell den Ruf des Neoliberalen und als Inneminister den des Hardliners erworben hat.

Die eindeutige Mehrheit für Sarkozy und die extrem hohe Wahlbeteiligung zeigen aber auch, dass die Franzosen genau diesen radikalen Wechsel unbedingt wollten. "Speedy Sarko" wird sich spätestens nach der Parlamentswahl Anfang Juni darauf berufen, dass das Volk genau diesen Wandel wollte. Frankreichkenner Peter Scholl-Latour erwartet deshalb, dass der neue Präsident seine Politik mit harter Hand durchsetzen wird. "Sarkozy wird vorgehen wie Thatcher einst in Großbritannien", glaubt Scholl-Latour. Auf jeden Fall werden die Wirtschafts- und Sozialreformen die streikfreudigen Franzosen auf die Straßen drängen, doch Sarkozy hat mehrfach als Innenminister bewiesen, dass er solche Auseinandersetzungen durchstehen kann. Gehen die Wünsche der französischen Mehrheit auf, wird es danach ein neues Frankreich geben, das bei allen sozialen Härten besser auf den globalen Wettbewerb eingestellt ist. Während die Franzosen die Politik bekommen, die sie gewählt haben, gilt es für Europa und Deutschland, sich nun mit dem neuen starken Mann in Frankreich zu arrangieren. Die deutsche Wirtschaft hofft auf ein Aufblühen der französischen Konjunktur, schließlich ist der Nachbar unser wichtigster Handelspartner. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel freut sich auf ein schlagkräftiges deutsch-französisches Tandem, das Europa voranbringt. Ob Sarkozy ihr aber so einfach das Lenkrad überlässt? In Europa wird man sehr schnell merken, dass Sarkozy französische Inter-essen über alles andere stellt. h.waschbuesch@volksfreund.deWunsch und Realität

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort