Merkel will Thema Altersarmut im Herbst angehen

Berlin · Für ihren Vorschlag einer Zuschussrente gegen Altersarmut hat Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) viel Prügel aus den Reihen der eigenen Koalition bekommen. Doch ihr Anstoß verpufft nicht ganz.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihren Regierungssprecher gestern ausrichten lassen, dass Ministerin Ursula von der Leyen ein "umfangreiches Problem" angesprochen habe, welches von der Kanzlerin "in seiner ganzen Breite" persönlich sehr ernst genommen werde. Gemeint ist das Thema Altersarmut. Im Herbst werde die Bundesregierung klären, wie weiter vorzugehen sei.
Außerdem habe von der Leyen "natürlich" weiterhin das Vertrauen der Regierungschefin, ergänzte der Sprecher.
Damit bekommt die Sozialministerin wieder etwas Rückhalt nach einer für sie sehr kritischen Woche. So war bei Union und FDP von der Leyens Berechnung, wonach Normalverdiener mit 2500 Euro brutto künftig nach 35 Jahren Beitragsjahren bei der Rente nur auf Sozialhilfeniveau kommen, scharf kritisiert worden. Erstens sei die Rechnung unrealistisch, zweitens verunsichere man damit nur die Menschen, hieß es.
Fraktionschef Volker Kauder verlangte eine "systemische Gesamtlösung" der Thematik, die laut Regierungssprecher Steffen Seibert auch Merkel will. Und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt forderte die Ministerin am Freitag auf, sich lieber der Anrechnung von Erziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder zu widmen.
Doch von der Leyen blieb unbeirrt bei ihrem Vorstoß. Das Ministerium verbreitete am Freitag ein Faktenpapier.
Zahlen aus "Faktenpapier"


Man habe stets auch die Zahl für 40 Jahre Erwerbstätigkeit, und nicht nur die für 35 Jahre genannt, hieß es darin. Mit 40 Beitragsjahren brauche man künftig 2200 Euro Monatseinkommen, um bei der Rente über der Grundsicherung zu liegen. "Das liegt immer noch weit entfernt von vielen Bruttogehältern".
Auch der Hinweis, dass zusätzliche Betriebsrenten und Riesterverträge nicht berücksichtigt seien, ziehe nicht. Es gebe in Deutschland 1,8 Millionen Geringverdiener, die weder das eine noch das andere hätten. Ohne Zuschussrente würden 1,4 Millionen von ihnen 2030 in der Sozialhilfe landen. "Diesen Kampf stehe ich durch", sagte von der Leyen in Interviews. Und sie wiederholte vor der Unionsfraktion ihre Forderung, dass es bis zum Oktober eine "Richtungsentscheidung" geben müsse. Zwar sei das Problem der Altersarmut umfassender, "das sehe ich ein". Doch seien die anderen Lösungsansätze, etwa die Verlängerung von Erwerbsbiografien, nicht so schnell zu regeln.
Wenigstens beim Fahrplan scheint Merkel sie nun zu unterstützen. Eher unwahrscheinlich ist allerdings, dass von der Leyens Zuschussrente das Ergebnis sein wird. Angela Merkel hatte intern bereits "wachsende Zweifel" bekundet. Und die FDP lehnt das Modell weiterhin prinzipiell ab.

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