Michelle Obama soll die US-Demokraten retten

Sie gilt als Wunderwaffe der Demokraten: Präsidentengattin Michelle Obama unterstützt ihren Mann Barack Obama im Wahlkampf für die anstehenden Kongresswahlen am 2. November.

Washington. Barack und Michelle Obama gemeinsam auf einer Bühne im Wahlkampf. Solche Bilder - wie gestern vor Studenten in Columbus (Bundesstaat Ohio) - hatten die US-Bürger seit 2008 nicht mehr gesehen. Doch das "First Couple" will in den verbleibenden zwei Wochen bis zu den Kongresswahlen am 2. November wieder öfter Hand in Hand vor das Mikrofon treten. Denn für den Präsidenten wie auch die US-Demokraten gilt Michelle Obama als "Wunderwaffe" - und letzte Hoffnung im Kampf gegen die prophezeiten erdrutschartigen Verluste.

Michelle Obama liegt in Umfragen vor ihrem Mann



Umfragen zeigen, dass die Beliebtheit der 46-jährigen Juristin die Popularität ihres Mannes deutlich in den Schatten stellt. 65 Prozent der Bürger mögen einer CNN-Erhebung zufolge, wie sie ihren Job als First Lady ausfüllt und beispielsweise für gesunde Ernährung und gegen Fettleibigkeit bei Amerikas Jüngsten kämpft. Die Zustimmungsquote für Barack Obama liegt hingegen derzeit nur bei 45 Prozent.

Nun soll Michelle Obama, die einer nicht unumstrittenen "Forbes"-Rangliste zufolge kürzlich Bundeskanzlerin Angela Merkel als mächtigste Frau der Welt ablöste und vom Magazin als "Jackie Kennedy von Chicagos Südseite" darstellt wurde, den Bürgern gefühlvoll eine Botschaft vermitteln, mit der sich der Präsident schwer tut: Dass es mit der Erholung der Wirtschaft und Schaffung neuer Arbeitsplätze noch etwas dauern wird, weil - so stellen es die beiden dar - das Land nach acht Jahren George W. Bush tiefer im Graben steckte als man angenommen hatte. Und dass man mehr Zeit braucht, um die Versprechen zu erfüllen.

"Sie hat unschätzbaren Wert für das Weiße Haus", beschreibt Pressesprecher Robert Gibbs das Wahlkampf-Engagement der First Lady, die vor zwei Jahren angekündigt hatte, sie wolle kein "Co-Präsident" sein und sich aus innen- wie außenpolitischen Entscheidungen heraushalten. Doch für weitere Zurückhaltung sehen die Obamas angesichts der drohenden Machtverschiebungen auf dem Kapitol keinen Grund mehr. Unabhängige Wähler haben sich in den zurückliegenden Monaten in Scharen neu orientiert - in Richtung der Republikaner und der am rechten Rand stehenden "Tea Party"-Bewegung.

Doch die Obamas brauchen diese Stimmen, sollen die Demokraten weiter die Macht im Repräsentantenhaus und im Senat behalten. Michelle Obamas Popularität mit Wechselwählern wird nun als letzte Trumpfkarte der Partei gesehen. Auch hofft man auf die Mobilisierung einer wahlmüden Basis.

Zwei Wochen lang will Michelle Obama, mal an der Seite ihres Mannes und mal solo, durch sieben Bundesstaaten touren und die "Yes we can"-Euphorie wiederbeleben. Manche politischen Beobachter wie Earl Hutchinson vom Blog "New America Media" glauben, dass sie durchaus Pluspunkte bei enttäuschten Anhängern machen kann, weil sie "politisch klug, telegen und populär" sei und sich aus den Grabenkämpfen in Washington bisher herausgehalten habe. Scharfe Kritik der Republikaner werde sie auch weiter vermeiden, heißt es im Weißen Haus.

Meinung

An die Front

Michelle Obama muss an die Front - und soll für die Demokraten in den USA einen schmerzhaften Machtverlust bei den anstehenden Kongresswahlen verhindern. Damit rückt sie als Wahlkämpferin erneut in ein Rampenlicht, das ihr seit der Präsidentschaftskandidatur ihres Mannes auch besonders kritische Blicke beschert hat. Nur ein Beispiel: Als kürzlich das Gerücht aufkam, sie habe gegenüber der Sarkozy-Gattin Carla Bruni ihr Leben im Weißen Haus als "Hölle" bezeichnet, stürzten sich in den USA die Konservativen auf diese schnell dementierte Aussage, die so interpretiert wurde: Michelle Obama wisse den Luxus eines Lebens an der Spitze nicht zu schätzen. Doch selbst wenn sie den Druck und die Verantwortlichkeiten ihres Alltags im Weißen Haus und bei Auftritten so salopp beschrieben haben sollte - ihrem positiven Image in den USA wird dies kaum schaden. Etwas riskanter ist da schon ihr Versuch, jetzt mit aller Kraft um Verständnis für die Politik ihres Mannes zu werben. Denn Durchhalteparolen haben die US-Bürger zuletzt von diesem oft genug gehört. Was sie sehen wollen, sind Resultate: Ein Rückgang der Arbeitslosenzahlen, bessere Wirtschaftsdaten, weniger Zwangsversteigerungen. Kann Barack Obama dies nicht liefern, werden ihm langfristig auch der Charme und das hohe Ansehen seiner First Lady nicht helfen. nachrichten.red@volksfreund.de

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