Milliarden fieberhaft gesucht

BERLIN. Der klamme Manfred braucht Hilfe vom klammen Hans: Weil die verplanten Einnahmen aus der LKW-Maut - in diesem Jahr rund 2,1 Milliarden Euro - nicht fließen, ist Verkehrsminister Manfred Stolpes Etat "auf Sand gebaut". Finanzminister Hans Eichel soll helfen.

"Finanzierung Ausbau A 24 ungeklärt" - "Spediteure wollen 70 Millionen Euro für nutzlose Bordcomputer zurück" - "Binnenschiffer sorgen sich nach Maut-Debakel um Ausbau der Wasserstraßen": So lauteten die Hiobsbotschaften, die gestern über den Nachrichtenticker liefen. Im Straßenbau listete der ADAC allein 70 Projekte auf, bei denen gekürzt werden müsse. Jetzt wird in der rot-grünen Koalition fieberhaft nach Wegen gesucht, wie die riesigen Einnahmeausfälle kompensiert werden können. Mit womöglich gravierenden Auswirkungen auf Infrastruktur und Bauwirtschaft, denn eigentlich bleibt dem Verkehrsministerium nichts anderes übrig, als wichtige neue Projekte im Bahn- und Straßenbau zu stoppen. Bis zu 70 000 Arbeitsplätze, sagt die Baubranche, stünden auf dem Spiel, wenn die Einnahmeverluste aus der Maut voll zu Lasten der Investitionen gehen sollten. Und damit, weiß auch Stolpe, hätte das Maut-Debakel dramatische Folgen für die konjunkturelle Entwicklung - der von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) prognostizierte kleine Aufschwung könnte wieder in weite Ferne rücken. Dazu wurde gestern bekannt, dass das Ministerium bis zum Start eines neuen Systems nicht mit 6,5 Milliarden Euro, sondern mit deutlich mehr als sieben Milliarden Euro an Verlusten rechnet, die nun über ein Schiedsverfahren bei Toll Collect eingetrieben werden sollen. Bereits Ende letztes Jahres hieß es, die enormen Finanzlücken im Verkehrsetat gefährdeten sogar Leipzigs Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012 und Straßenprojekte zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Lösungen, wie die Löcher gestopft werden können, wollen Finanz- und Verkehrsministerium am 3. März vorstellen. Stolpe hofft, dass die Parlamentarier dann rund eine Milliarde Euro freigeben. Wie das Konzept aussehen könnte, ist unklar: "Die Denkmodelle sind vielfältig", verlautet es aus dem Finanzministerium über die "schwierige Operation". Neben Umschichtungen könnte die Milliardenlücke durch eine erhöhte Kreditaufnahme der Deutschen Bahn gedeckt werden - so könnte Finanzminister Eichel die Vorgaben des EU-Stabilitätspaktes in Sachen Neuverschuldung geschickt umgehen. Eine Finanzierung durch zusätzliche Privatisierungserlöse scheidet laut Ministerium aber definitiv aus.

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