Mini-Chance für ein strengeres Waffenrecht

Washington · Die streitbare US-Demokratin Dianne Feinstein 84 gibt nicht auf. Vielleicht lassen sich ja wenigstens die "bump stocks" vom Markt nehmen.

Washington Er gehe gern auf die Jagd, sagt John Cornyn, doch wozu man einen "bump stock" brauche, verstehe er nicht. Die Rede ist von einem speziellen Gewehrkolben, dessen Mechanismus es Schützen ermöglicht, aus einer halbautomatischen Schusswaffe schnelle Feuerstöße wie aus einem Maschinengewehr abzugeben. Mit einem "bump stock" lässt es sich de facto umgehen, das Verbot für den Erwerb vollautomatischer Waffen, wie es der US-Kongress Mitte der Achtziger verfügte.
Im Jahr 2010, als das Büro für Alkohol, Tabak, Feuerwaffen und Sprengstoff dem Verkauf der Spezialkolben grünes Licht gab, schenkte das Land dem Verwaltungsakt nur wenig Aufmerksamkeit. Das ändert sich gerade. Nach dem Horror von Las Vegas rückt die Senatorin Dianne Feinstein den "bump stock" in den Fokus, um wenigstens eine Minireform durchzusetzen, eine zumindest symbolische Verschärfung der Waffengesetze.
Obwohl ein solcher Kolben im Laden keine 200 Dollar koste, sei seine Wirkung verheerend, legt Feinstein den Finger in die Wunde. Statt der 45 bis 60 Schuss, die ein Schütze pro Minute aus einem halbautomatischem Gewehr abgeben könne, könne er nach dem Einbau des Teils 400 bis 800 Mal feuern. Es gebe nur einen Grund, eine Flinte derart zu modifizieren, nämlich "in kürzester Zeit so viele Menschen wie möglich zu töten". Nach Erkenntnissen des FBI hat Stephen Paddock zwölf der 23 Waffen, die er auf seine Hotelsuite brachte, bevor er Konzertbesucher ins Visier nahm, mit "bump stocks" ausgerüstet.
Die Dinger vom Markt zu nehmen - das ist womöglich der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich Demokraten und Republikaner einigen können. Der Ersatz für weitreichende Korrekturen. Große Würfe sind derzeit nicht drin, das weiß auch Dianne Feinstein, die Grande Dame des Senats, eine 84-jährige Demokratin aus San Francisco, die sich seit langem vergeblich bemüht, den Trend zu immer laxeren Waffenparagrafen umzukehren. Als Adam Lanza, ein geistig verwirrter Einzelgänger, an der Sandy-Hook-Grundschule 20 Erstklässler erschoss, versuchte sie wiederzubeleben, was der demokratische Präsident Bill Clinton durchgeboxt hatte. Ein Verbot von Sturmgewehren, 1994 verfügt und 2004, als es auslief, nicht mehr verlängert. Ihr Vorstoß scheiterte nicht nur am Widerstand der Republikaner, sondern auch an Bedenken mancher Parteifreunde aus ländlich geprägten Bundesstaaten. "Bump stocks" auf den Index zu setzen, es war ein Passus des Gesetzentwurfs, den Feinstein damals präsentierte. Indem sie sich nunmehr allein darauf beschränkt, versucht sie auch Konservative ins Boot zu holen, die in der Forderung nach strengeren Regeln schnell einen Generalangriff auf das Recht auf privaten Waffenbesitz wittern. Und wenn nicht alles täuscht, stehen ihre Chancen diesmal gar nicht so schlecht.
Immerhin lehnt die republikanische Parlamentsmehrheit den Vorschlag nicht von vornherein in Bausch und Bogen ab. Gewiss, es gibt Hardliner, die davon nichts wissen wollen, etwa den Senator John Kennedy aus Louisiana, der wie auf Knopfdruck eine alte Melodie der National Rifle Association anstimmt. "Ich glaube nicht, dass wir 80, 90 Millionen Waffenbesitzer für das Handeln eines Idioten bestrafen dürfen", sagt Kennedy. Den "stock bump" aus dem Verkehr zu ziehen, für manche Anhänger der reinen Lehre rüttelt schon das an dem Verfassungsgrundsatz, wonach der Waffenbesitz freier Bürger durch nichts eingeschränkt werden darf. Auch Steven Scalise, ein Abgeordneter, der fast verblutet wäre, als ihn die Kugel eines mental gestörten Rentners beim Baseballtraining an der Hüfte traf, warnt vor einer Art Rutschbahneffekt. Leute am linken Rand, sagte er der Washington Post, lauerten doch nur auf ein Ereignis wie das Blutbad von Las Vegas, in der Hoffnung, dass es mit einem Schlag verändere, was über Jahrzehnte an politischen Ansichten gewachsen sei.
US-Präsident Donald Trump wiederum hat die Frage nach Waffenkontrollen bei einem Besuch der Casinostadt mit einer Sprechblase abgetan: Jetzt sei nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu reden.
Da ist aber eben auch ein Texaner wie Cornyn, der Hackordnung nach die Nummer zwei der Regierungspartei in der Senatskammer, der ein Zusammengehen mit Feinstein nicht ausschließen möchte. Nach dem Sandy-Hook-Massaker hatte er der Kollegin aus Kalifornien noch entgegnet, Verbote machten keinerlei Sinn, vielmehr gelte es zu verhindern, dass verwirrte Menschen an gefährliche Schießeisen kämen. Diesmal gesteht er ihr zu, eine legitime Sorge geäußert zu haben. Das mit dem "bump stocks", sekundiert Cornyn, verdiene es, näher unter die Lupe genommen zu werden.

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