Minister Guttenberg soll bei seiner Doktorarbeit gemogelt haben

Ist die Doktorarbeit von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit der neuzeitlichen Methode copy and paste entstanden, sprich abgekupfert? Der Minister bestreitet den Plagiatsvorwurf vehement.

Berlin. Verteidigungsminister Guttenberg hat nicht nur zehn Vornamen, sondern auch einen Doktortitel. Den erwarb der Adelige 2006 an der Universität des heimischen Bayreuth mit einer Arbeit über "Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU", einem Verfassungsvergleich beider Staatensysteme. Er bekam dafür die Bestnote "summa cum laude" (mit Auszeichnung). Seit gestern ist klar, dass der CSU-Politiker in dem Werk ganze Passagen von anderen Autoren zitiert hat, ohne darauf hinzuweisen.

Über acht Absätze des Guttenberg-Werkes, die wörtlich oder nahezu wörtlich von anderen Autoren stammen, berichtete gestern die Süddeutsche Zeitung. So finden sich, nur um das Wort "möglicherweise" ergänzt, 40 Zeilen eines Kommentars aus der Neuen Züricher Zeitung vom 22. Juni 2003 in Guttenbergs Arbeit wieder, und zwar in der zusammenfassenden "Bewertung" des Autors. Guttenberg übernimmt seine Meinung über die EU-Verfassung also fast komplett aus der Schweizer Zeitung, freilich ohne diese zu nennen.

Ebenfalls als ungenannte Quelle nutzte der Minister einen Vortrag, der am 2. November 2003 am Liechtenstein-Institut gehalten wurde. Für Fischer-Lescano ist das klar ein "Plagiat". Guttenberg nannte diesen Vorwurf gestern "abstrus" und deutete an, dass es sich allenfalls um versehentliche Fehler handele. Er sei gerne bereit zu prüfen, ob bei über 1200 Fußnoten und 475 Seiten "vereinzelt" eine Fußnote nicht korrekt gesetzt sein solle und werde das bei einer Neuauflage korrigieren.

Von wegen vereinzelt. Unserer Zeitung liegen Informationen vor, wonach Guttenberg auch von einem 2002 erschienen Aufsatz des Tübinger Juristen Martin Nettesheim über die "konsoziative Föderation von EU und Mitgliedstaaten" abgekupfert hat. Ein Münsteraner Jurist fand die Dopplungen. Der Minister zitierte demnach aus dem Aufsatz sechs Passagen ganz oder weitestgehend wortgleich, ohne sie in Anführungszeichen zu setzen. Auf die Quelle wird in den Fußnoten nur ungenau oder gar nicht hingewiesen.

Einen weiteren Fall meldete die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Ihr kam gleich Guttenbergs erster Absatz der Einleitung bekannt vor - er stammte aus einem Text der Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig, den die Zeitung am 27. November 1997 veröffentlicht hatte. hintergrund Unter einem Plagiat (vom lateinischen plagium, "Menschenraub") wird im Urheberrecht allgemein das bewusste Aneignen fremden Geistesguts verstanden. Die weitere Definition ist umstritten. Eine Auffassung sieht eine unerlaubte Benutzung dann, wenn ein Werk ohne Zustimmung des Urhebers unverändert übernommen, umgestaltet oder bearbeitet wird. Nach anderer Ansicht bedeutet Plagiat nur das Unterlassen der Quellenangabe bei einer sonst erlaubten Benutzung des Werkes.

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