Missbraucht, während die Eltern schliefen

Unglaublich: Immer wieder soll ein 37-Jähriger die Zwillinge seiner Bekannten missbraucht und die Taten auf Video aufgezeichnet haben. Auch andere Jungen sollen von dem Sportgruppenleiter vergewaltigt worden sein.

 Jürgen Brauer (rechts), leitender Oberstaatsanwalt, und der zuständige Staatsanwalt Stephane Parent bei der gestrigen Pressekonferenz. TV-Foto: Friedemann Vetter

Jürgen Brauer (rechts), leitender Oberstaatsanwalt, und der zuständige Staatsanwalt Stephane Parent bei der gestrigen Pressekonferenz. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Es ist einfach unvorstellbar: Während die Eltern nebenan schliefen, soll Christoph G. die siebenjährigen Zwillinge im Kinderzimmer missbraucht haben. Selbst in einer Jugendherberge soll sich der heute 37-Jährige an die Jungen herangemacht haben, als er mit einer Jugendgruppe des Sportvereins dort übernachtete. "Skrupellos": Anders kann der Leitende Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer die grausamen Taten des mutmaßlichen Kinderschänders aus Mayen nicht beschreiben. Der ehemalige Top-Turner aus der früheren DDR soll die Zwillinge, die mit ihren Eltern und drei Geschwistern bis vor kurzem in einem kleinen Ort in der Verbandsgemeinde Kelberg (Vulkaneifelkreis) gelebt haben, immer wieder missbraucht haben: im Kinderzimmer, im Keller, in seiner Wohnung in Mayen und eben in der Jugendherberge.

Und immer lief die Videokamera dabei. Auf 42 Videos soll der Missbrauch der Jungen zu sehen sein, sagt Brauer. Irgendwann tauchten sie im Internet auf. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat daraufhin nach dem brutalen Kinderschänder gefahndet. Einen Tag, nachdem Anfang August Teile der Videos in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" gezeigt wurden, stellte sich Christoph G. im bayrischen Sonthofen der Polizei. Er arbeitete dort als Kellner in einem Hotel. Später identifizierte die Mutter der Zwillinge den Mann als denjenigen, der die Familie oft besuchte. Womöglich hat G. kurz bevor er sich stellte noch in Sonthofen einen 18-Jährigen vergewaltigt. Die Polizei hat in G.s Zimmer eine Videokamera mit entsprechenden Aufnahmen gefunden. Nachdem der Fall bekannt geworden war, meldeten sich zwei weitere Jugendliche bei der Polizei: Auch diese Mitglieder in einer Turngruppe, die er leitete, soll er missbraucht haben. Brauer schließt nicht aus, dass es noch weitere Opfer gibt. Das BKA befragt derzeit alle Jungen aus den Vereinen, in denen G. tätig war. Er war auch Mitglied im Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Mayen.

Insgesamt 18 Fälle können laut Brauer dem Mayener nachgewiesen werden; allein 15 betreffen die Zwillinge. Die beiden Jungen leben mittlerweile in einem Heim. Den Eltern wurde das Sorgerecht entzogen. Ob sie etwas von dem Missbrauch gewusst haben, steht noch nicht fest. Ermittelt wird jedenfalls nicht gegen sie.

Womöglich hätten einige der Taten verhindert werden können. Christoph G., der vor 20 Jahren von Leipzig nach Mayen gezogen ist, war 2006 schon einmal im Fokus der Fahnder. Ein Nachbar der Zwillinge hatte den Verdacht, dass die Jungen missbraucht würden. Er informierte die Polizei. Das Verfahren wurde aber eingestellt. Ein Gutachter glaubte den Aussagen der Zwillinge nicht. Als "dramatisch", aber richtig bezeichnet Brauer die damalige Entscheidung: "Natürlich bleibt ein ungutes Gefühl." Die Videos waren den Ermittlern damals nicht bekannt.

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