Misstöne vor der Kandidatenkür

Trier/Mainz · Der Fall Billen stört in der rheinland-pfälzischen CDU die viel beschworene Harmonie. Die einen sehen den Eifeler Sturkopf bereits rehabilitiert, andere wollen das Ende des juristischen Tauziehens abwarten.

 Bricht eine Lanze für Michael Billen: Werner Langen. Foto: privat

Bricht eine Lanze für Michael Billen: Werner Langen. Foto: privat

Es soll die politische Woche für Julia Klöckner werden. Die neue Hoffnungsträgerin der Landes-CDU wird am Samstag im pfälzischen Ramstein-Miesenbach zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im März gekürt.

Das Ergebnis soll dem vor zwei Wochen auf dem Bezirksparteitag im Hunsrückort Morbach nahekommen, als 100 Prozent der Delegierten für die 37-jährige Listenführerin stimmten.

Um die lang ersehnte Geschlossenheit in der seit zwei Jahrzehnten zerstrittenen CDU zu demonstrieren, hat Julia Klöckner kürzlich einen Burgfrieden mit dem umstrittenen CDU-Landtagsabgeordneten Michael Billen geschlossen. Der 55-Jährige verzichtet generös auf einen Listenplatz, den er vermutlich ohnehin nicht bekommen hätte. Klöckner rührt im Gegenzug auch im Billen-Wahlkreis Bitburg-Prüm die Wahlwerbetrommel.

Zwei Wochen nach dem Morbacher Optimismus-Parteitag könnte die Geschlossenheit in der Landes-CDU allerdings schon wieder reif fürs Geschichtsbuch sein. Wieder ist es der Fall Billen, der für Sand im Getriebe sorgt, auch wenn der Kaschenbacher Landwirt selbst dieses Mal dafür gar nichts kann. Schuld ist vielmehr das Landauer Landgericht, das es vergangene Woche abgelehnt hatte, den Prozess gegen Billen zu eröffnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Landtagsabgeordnete wegen des Abgreifens von Polizeidaten vor einem Gericht verantworten muss, ist damit drastisch gesunken.

Die Landauer Richter sind zwar ebenso wie die Staatsanwaltschaft davon überzeugt, dass der Eifeler sich über seine Tochter sensible Polizei-Daten beschafft hatte. Aber sie ziehen andere Schlüsse als die Strafverfolger. Aus ihrer Sicht hat Billen seine Aufgabe als Abgeordneter des Landtags wahrgenommen. Dazu zähle auch, die Landesregierung zu kontrollieren und Missstände aufzudecken. Hätte Billen seine Tochter angestiftet, die Daten zu besorgen, wäre die Bewertung eine andere. Aber das lasse sich nicht beweisen, so das Gericht.

Die CDU-Spitze sieht dennoch vorerst keinen Grund, an ihrem Verhältnis zu Billen etwas zu ändern. Seit Anfang Januar lässt der Eifeler seine Fraktionsmitgliedschaft "ruhen", sitzt im Mainzer Landtag in der letzten Reihe.

Schluss damit, fordert nun kurz vor dem Listenparteitag der Europaabgeordnete und ehemalige CDU-Landeschef Werner Langen. Billen müsse wieder komplett in die Fraktion aufgenommen werden, so der 61-jährige Europapolitiker, der auch kooptiertes Mitglied des CDU-Landesvorstands ist.

Die Äußerungen Langens sorgen unter den rheinland-pfälzischen Christdemokraten am Montag für helle Aufregung. "Das ist das Schlimmste, was uns vor dem Landesparteitag am Samstag passieren kann", meint ein Abgeordneter aus der Region Trier. Ein anderer erwartet bereits an diesem Mittwoch Diskussionen in der Fraktion. Möglicherweise bricht die Linie der Fraktionsspitze, zunächst das Ende des juristischen Tauziehens abzuwarten.

Der Cochemer Bundestagsabgeordnete Peter Bleser mahnt zur Ruhe: "Julia Klöckner und Michael Billen haben eine Vereinbarung getroffen. Ich halte sie für klug, es bedarf keiner weiteren Debatte." Die beiden regionalen Bundestagsabgeordneten Bernhard Kaster und Patrick Schnieder wollten sich auf TV-Anfrage nicht äußern.

Meinung

Das letzte Wort hat der Wähler

In einem Punkt liegt der CDU-Europaparlamentarier Werner Langen daneben: Von einer Rehabilitierung erster Klasse kann im Fall Michael Billen keine Rede sein. Das juristische Verfahren ist schließlich noch nicht abgeschlossen. Aber: Lange wird sich das Tauziehen nicht mehr hinziehen. Und es sieht so aus, als habe Michael Billen nichts Strafbares getan. Und dann? Die CDU-Landesspitze verweist darauf, dass es ihr im Fall Billen nicht auf die strafrechtliche Beurteilung ankomme, sondern auf die politische Bewertung. Das ist ein schwammiger Begriff und mithin Glatteis für alle, die ihn benutzen. Wenn Justitia den Fall Billen für erledigt erklärt, darf die rheinland-pfälzische CDU-Führung nicht päpstlicher sein als der Papst. Seine Fraktionskollegen müssen den verbannten Eifeler Parteifreund dann wieder aufnehmen; notfalls mit der Faust in der Tasche. Für die politische Bewertung sind die Bitburg-Prümer Wähler im März zuständig. r.seydewitz@volksfreund.de

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