Mit 63 Jahren, da fängt die Rente an ...

Berlin · Der Bundestag hat das Rentenpaket gestern mit überwältigender Mehrheit gebilligt. Für die Neuregelungen stimmten 460 Abgeordnete der großen Koalition. 64 Abgeordnete votierten mit "Nein", 60 Parlamentarier, zumeist Linke, übten Stimmenenthaltung.

Berlin. In der Debatte vor der Abstimmung waren die unterschiedlichen Auffassungen zu dem Vorhaben noch einmal heftig aufeinander geprallt. Aus den Reihen der Union gab es ebenfalls offene Kritik. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verfolgte die Abschlussdebatte über den monatelangen Rentenstreit gestern persönlich im Bundestag. Schließlich handelt es sich um den mit Abstand teuersten Regierungsbeschluss in dieser Wahlperiode.
Mindestens 160 Milliarden Euro werden die Verbesserungen bei Mütter- und Erwerbsminderungsrenten samt abschlagsfreier Rente mit 63 bis zum Jahr 2030 kosten. Dabei muss Schäuble allerdings nur einen Bruchteil davon aus der Bundeskasse beisteuern. Denn das Rentenpaket wird vornehmlich von den Beitragszahlern finanziert, anstatt aus dem Steuertopf.
Fair oder falsches Signal?


Der Rentenexperte der Linken, Matthias Birkwald, sprach von einer "sozialen Schieflage" des Rentenpakets, sein grüner Fachkollege Markus Kurth von einer "fatalen falschen Weichenstellung". Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) dankte den Fraktionschefs von Union und SPD und verteidigte das Rentenpaket als "gerecht und notwendig". Die Mütterrente sei "nicht geschenkt", und die Rente mit 63 komme jenen zugute, die "hart gearbeitet haben". Dass dafür auch Zeiten der Arbeitslosigkeit anerkannt würden, sei "nur fair".
Derweil verwies die Opposition auf Widersprüche gerade in diesem Punkt. Wer beispielsweise viermal im Jahr während seiner Erwerbsbiografie arbeitslos war, kann von der Rente mit 63 profitieren. Wer vier Jahre am Stück ohne Job war, dagegen nicht. Hintergrund ist, dass bei den erforderlichen 45 Versicherungsjahren nur Zeiten von Arbeitslosengeld I mitzählen. Langzeitarbeitslosigkeit, also Hartz IV, bleibt dagegen unberücksichtigt.
Teile der Union hatten die von der SPD geforderte Rente mit 63 lange Zeit grundsätzlich in Frage gestellt. Der Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, bezeichnete sie angesichts der demographischen Entwicklung gestern noch einmal als "falsches Signal".
Weil sich Union und Sozialdemokraten aber zuletzt noch auf Korrekturen bei der Frühverrentung und arbeitsrechtliche Erleichterungen für eine Weiterarbeit über das reguläre Rentenalter hinaus geeinigt hatten, gab sich Linnemann versöhnt: Deshalb trage er das Rentenpaket "am Ende des Tages" mit.

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