Mit gebundenen Händen
Für den US-Präsidenten George W. Bush, der sich als Vordenker im Kampf gegen den weltweiten Terrorismus versteht, werfen die jüngsten Entwicklungen trotz ihrer Ferne zu Amerika unbequeme Fragen auf – Fragen, die allerdings von den recht indifferent erscheinenden US-Medien nicht gestellt werden.
Für den US-Präsidenten George W. Bush, der sich als Vordenker im Kampf gegen den weltweiten Terrorismus versteht, werfen die jüngsten Entwicklungen trotz ihrer Ferne zu Amerika unbequeme Fragen auf Fragen, die allerdings von den recht indifferent erscheinenden US-Medien nicht gestellt werden. Zum Beispiel: Dient es tatsächlich dem Schutz der Bürger vor weiteren Attacken, wenn im Irak eine sechsstellige Zahl von Soldaten im Dauer-Einsatz ist, im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet jedoch nur einige hundert Elitekämpfer bisher erfolglos der undankbaren Aufgabe nachgehen, die dort weiter vermutete El Kaida-Führungsspitze aufzuspüren? Für Insider wie den früheren saudi-arabischen Geheimdienstchef, der in diesen Tagen seinen Posten als neuer Botschafter in Washington angetreten hat, steht außer Frage, dass es weiter eine funktionierende Kommunikation zwischen den Fußtruppen des Terror und der geistigen Führung bis hin zu Osama Bin Laden gibt. Die amerikanische Sicherheitspolitik scheint diese unbequemen Erkenntnisse weitgehend zu ignorieren wohl auch aufgrund der Zwänge, in die sich George W. Bush mit seiner umstrittenen Philosophie begeben hat, bei der die gewaltsame Entmachtung von Saddam Hussein als Teil des globalen Antiterrorkonzeptes verstanden wird. Zwar haben CIA und FBI in den vergangenen Jahren einige prominente El Kaida-Mitglieder festnehmen oder eliminieren können. Doch die Versuche, der Schlange den Kopf abzuschlagen, werden mit auffälliger Halbherzigkeit betrieben.Diese bittere Erkenntnis kommt ausgerechnet zu einem Augenblick, wo immer klarer wird, dass sich beispielsweise drei der vier mutmaßlichen Urheber der ersten Anschläge in London in den letzten Jahren in Pakistan aufhielten und dort vermutlich mit der El Kaida-Infrastruktur hautnah in Berührung kamen. Neben einem verstärkten Druck auf die Regierung in Islamabad, deren Kooperation mit den Antiterror-Bemühungen der USA zuletzt nicht immer zweifelsfrei war, erscheint deshalb eine dramatische Ausweitung der Einsätze im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet als Gebot der Stunde. Doch dem Weißen Haus scheinen dafür die Hände gebunden durch die Konzentration auf einen Brandherd, der im Hinblick auf die weltweite Bedrohung durch El Kaida und die kooperierenden Extremistengruppen von der wirklichen Herausforderung ablenkt. nachrichten.red@volksfreund.de