Mit Hirn-Doping gegen Stress im Job

Trier · Stress im Job, Stress in der Familie - das macht viele Menschen krank. Sie leiden unter psychischen Erkrankungen. Um dem Druck auf der Arbeit besser auszuhalten, dopen sich einige Arbeitnehmer auch.

 Viele Arbeitnehmer leiden unter Depressionen oder unter Angstzuständen – und bekennen sich mittlerweile auch dazu. Symbol-Foto: istock/Steve Debenport

Viele Arbeitnehmer leiden unter Depressionen oder unter Angstzuständen – und bekennen sich mittlerweile auch dazu. Symbol-Foto: istock/Steve Debenport

Foto: (g_pol3 )

Trier. Burn-out - jahrelang galt diese Diagnose als eine der häufigsten Ursachen für Krankmeldungen von Arbeitnehmern. Dabei handelt essich bei Burn-out im eigentlichen Sinne gar nicht um ein Krankheitsbild. Vielmehr beschreibt es Symptome einer psychischen Erkrankung wie etwa Depression. Doch offenbar klang es besser, wenn ein Beschäftiger sagte, er habe Burnout, statt zu gestehen, er leide unter einer Depressionen oder unter Angstzuständen. Das hat sich geändert.
Die Zusatzdiagnose Burn-out verliere deutlich an Bedeutung, heißt es in dem nun vorgelegten Psychoreport der Krankenkasse DAK. Die Zahl der Fehltage wegen Burn-outs sei zurückgegangen, die wegen Depressionen und Anpassungsstörungen aber gestiegen. Den Grund dafür sieht Alfred Kappauf, Präsident der Landespsychotherapeutenkammer, aber nicht darin, dass die Arbeitnehmer depressiver geworden sind. "Die Akzeptanz psychischer Erkrankungen in der Öffentlichkeit ist gestiegen." Mit anderen Worten: Betroffene stehen etwa zur Diagnose Depression. Auch Hausärzte seien sensibler geworden und würden psychische Erkrankungen häufiger erkennen, sagt Kappauf. Laut DAK waren im vergangenen Jahr 1,9 Millionen Menschen in Deutschland wegen Seelenleiden krankgeschrieben. Frauen sind demnach doppelt so oft davon betroffen. Kappauf sieht einen Grund dafür in der Doppelbelastung von Job und Familie, von der häufig Frauen betroffen seien.
Gestresste Frauen


Neben der Kinderbetreuung sei bei vielen auch die Pflege von Angehörigen hinzugekommen, die zu Stress führe, sagt Claus Uebel von der DAK Rheinland-Pfalz. Fehle dann noch die berufliche Anerkennung etwa durch Vorgesetzte, seien oft psychische Erkrankungen die Folge, erklärt Kappauf. Um dem Stress im Job auszuhalten, greifen immer mehr Beschäftigte zu Hirndoping. Sie nutzen etwa Betablocker, Antidepressiva, Wachmacher und Mittel gegen Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS), also Medikamente, die eigentlich zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden, um fitter am Arbeitsplatz zu sein.
Laut DAK Rheinland-Pfalz haben schon 243 000 Arbeitnehmer im Land verschreibungspflichtige Medikamente genutzt, um im Job leistungsfähiger zu sein. 33 000 der Erwerbstätigen in Rheinland-Pfalz betrieben regelmäßig Hirndoping. So sei die Verordnung des vor allem bei ADHS verordneten Medikaments Ritalin unter DAK-Versicherten im Land zwischen 2011 und 2013 um mehr als Doppelte gestiegen, heißt es bei der Krankenkasse "Hirndoping ist mittlerweile bei Otto Normalverbraucher angekommen", sagt der Chef der DAK in Trier, Dietmar Wagner. Längst würden sich nicht nur Topmanager dopen, sondern auch Beschäftigte mit einem unsicheren Arbeitsplatz. Nebenwirkungen und die Suchtgefahr seien dabei nicht zu unterschätzen.Extra

243 000 Rheinland-Pfälzer haben schon einmal Medikamente genommen, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein oder Stress abzubauen. 6,9 Prozent der Berufstätigen im Land haben sich schon mal gedopt, etwa 33 000 Erwerbstätige betreiben regelmäßig und gezielt Hirn-Doping. Ein Beschäftigter fehlte an durchschnittlich 15 Tagen im Job. Die Fehltage durch psychische Erkrankungen sind seit dem Jahr 2000 um 116 Prozent gestiegen. Sie lagen mit 17 Prozent der Ausfälle auf Platz 2 der Krankheitsarten. wie

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