Möllemanns Fluch holt die FDP ein

Jürgen W. Möllemann hat postum die FDP noch einmal eingeholt, und eine Flugblatt-Aktion wird zum Fluch. Weil der damalige Parteivize im Wahlkampf 2002 einen antisemitisch angehauchten Flyer von dubiosen Spendern hatte finanzieren lassen, wurde gegen ihn ermittelt.

Berlin. Möllemann stürzte sich bei einem Fallschirmsprung 2003 in den Tod, kurz nachdem seine Immunität aufgehoben worden war. Nun bekommen die Liberalen nach jahrelangem Prüfverfahren in der Bundestagsverwaltung die finanzielle Quittung für die damaligen Geschäfte des nordrhein-westfälischen Oberliberalen. 4,3 Millionen Euro Strafe sollen sie zahlen. Das ist fast so viel wie ihr 4,8 Millionen umfassender Etat für den Bundestagswahlkampf 2009.

Am Mittwoch noch war Hermann Otto Solms die Ruhe selbst. "Wir rechnen damit, wir haben vorgesorgt", sagte der FDP-Schatzmeister auf die Frage, wie er denn der drohenden Strafe entgegensehe. Er meinte damit Rückstellungen von 1,7 Millionen Euro, die der Landesverband getätigt hatte, sowie eine Vorabzahlung von 875 000 Euro, die schon seit 2002 beim Bundestagspräsidenten liegt. Jetzt muss fast noch einmal so viel Geld aufgebracht werden, womit auch der innerparteiliche Streit darüber programmiert ist, ob allein der Landesverband zahlen muss, dessen Chef Möllemann war, oder ob auch die Bundespartei in der Pflicht ist. Am Donnerstag teilte Solms offenbar überrascht schriftlich mit, der Bescheid sei "stärker als bisher veranschlagt" ausgefallen. Man prüfe, dagegen Rechtsmittel einzulegen. Für weitere Nachfragen stand der Kassenwart nicht zur Verfügung.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat gegen die FDP ähnlich unerbittlich entlang den Bestimmungen des Parteiengesetzes geurteilt. Lammert erklärte, die von Möllemann in Nordrhein-Westfalen zwischen 1996 und 2002 unter falschen Spendernamen und gestückelt verbuchten 800 000 Euro seien ein klarer Verstoß gewesen, da die Annahme solcher Gelder verboten ist und daher mit dem dreifachen Betrag zu bestrafen. Allein das ergab 2,4 Millionen Euro. Illegal finanzierte Plakat- und Anzeigen-Aktionen seien nur mit dem Zweifachen zu bewerten, machte weitere 1,1 Millionen Euro. Zusätzlich wurde ein von der Partei vorab wegen eines anonymen Möllemann-Spendenvorganges aus dem Jahr 2002 einbezahlter Betrag von 875 000 Euro einbehalten.

Die FDP in Nordrhein-Westfalen stehe zu ihrer Verantwortung, schrieb Solms, aber sie sei wie die ganze Partei "das Opfer der rechtswidrigen Handlungen Einzelner geworden".

Die Spendenaffäre Möllemann

Ein Flugblatt stand am Anfang: In der Schlussphase des Bundestagswahlkampfs 2002 hatte der damalige nordrhein-westfälische FDP-Landesvorsitzende das Faltblatt in Millionenauflage an die Haushalte in Nordrhein-Westfalen verteilen lassen, um das Wahlziel 18 Prozent zu erreichen. Weil er in dem Flugblatt Israels damaligen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und den Fernseh-Moderator Michel Friedman scharf angriff, wurde Möllemann Antisemitismus vorgeworfen. Das Flugblatt führte zum Parteiaustritt des einstigen Vizekanzlers und löste die Finanzaffäre aus, die jetzt eine Millionenstrafe für die FDP zur Folge hat.

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