Mosel-Fische erst ab Deutschland genießbar

Europa paradox: In Frankreich dürfen in der Mosel gefangene Fische seit einiger Zeit nicht mehr gegessen werden. In Deutschland und Luxemburg dagegen landet Mosel-Weißfisch weiter auf den Tellern. Die einzige Einschränkung: Bitte nicht mehr als zwei Portionen wöchentlich verspeisen!

Trier. Ausgerechnet Schengen. Der luxemburgische Ort, gelegen an der Grenze zu Deutschland und Frankreich, ist vor über zwei Jahrzehnten zu einem Symbol geworden. Damals, im Juni 1985, unterzeichneten Vertreter von fünf EU-Staaten das sogenannte Schengener Abkommen. Seitdem steht der Moselort für ein Europa ohne Grenzen und Schranken. Seit rund zwei Monaten allerdings ist zumindest eine Barriere in Schengen wieder errichtet worden, bildet der Ort die Trennlinie zwischen genießbaren und ungenießbaren Moselfischen. In Frankreich darf Fisch aus der Mosel nicht mehr gegessen werden. In Luxemburg und Deutschland dagegen gibt es zwar Verzehr-Empfehlungen, aber kein Verzehr-Verbot.

Womöglich wäre diese Ungleichbehandlung noch niemandem aufgefallen, gäbe es nicht die zahlreichen Angler dies- und jenseits der Grenzen. "Ohne meine Kollegen in Frankreich wüsste ich von nichts", sagt Günter Krahl, der mit dem ASC Pfalzel einem der größten Angelvereine an der Mosel vorsteht.

Krahl ist offenkundig nicht der Einzige, der nur auf Umwegen von dem französischen Verzehr-Verbot erfuhr. Auch seinem luxemburgischen Kollegen Gusty Graas schwillt der Kamm, wenn der Angler-Präsident daran denkt, dass er von Journalisten über den französischen Erlass informiert wurde. "Das ist inakzeptabel, skandalös und unverantwortlich", meint Graas. Zwischen Frankreich, Luxemburg und Deutschland scheine es "absolut keine Koordination" zu geben.

Im Mainzer Umweltministerium will man von solchen Vorwürfen nichts wissen. "Nachdem wir von dem Erlass Frankreichs erfahren haben, wurde umgehend eine Sondersitzung der Internationalen Kommission zum Schutze der Mosel und der Saar einberufen", sagt Ministeriumssprecherin Stefanie Mittenzwei. Die Sitzung zum Thema PCB (das sind giftige, krebsauslösende chemische Chlorverbindungen) habe auch Ende Juni stattgefunden mit dem Ergebnis, dass zumindest auf deutscher Seite "die notwendigen Maßnahmen bereits vorher ergriffen worden" seien.

Die Ministeriumssprecherin verweist auf ein bereits vor drei Jahren herausgegebenes Merkblatt für Angler. Darin wird Hobby-Anglern zwar davon abgeraten, in der Mosel gefangene Aale zu essen (in fetthaltigen Fischen lagern sich die Schadstoffe besser ab). Der Verzehr von Weißfischen (Rotaugen, Döbel) oder Raubfischen (Zander, Hechte, Barsche) dagegen sei unproblematisch, weil die Schadstoff-Grenzwerte "nur gelegentlich überschritten" würden. Trotzdem sollten Angler wöchentlich nicht mehr als "zwei Portionen je 230 Gramm" Mosel-Weißfische essen, heißt es. Auffällig ist, dass die "empfohlene maximale wöchentliche Verzehrsmenge" für im Rhein gefangene Fische mehr als doppelt so hoch ist.

Mainz: Auch Frankreich will Empfehlungen



Und warum verbietet Frankreich nun, was in Luxemburg oder Deutschland erlaubt ist? Laut Ministeriumssprecherin Mittenzwei machen die Franzosen derzeit eine "landesweite Erhebung zur Umsetzung der EU-Höchstmengenverordnung vom November 2006". Erklärtes Ziel sei es dabei, "Verzehrs-Empfehlungen auszuarbeiten". Zumindest bis dahin dürfte das Fisch-Verwirrspiel an der Mosel noch weitergehen.

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