Moskaus Milliarden stützen Eichel

Berlin. (dpa) Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) kann die gewaltigen Löcher im Bundeshaushalt mit vorzeitig zurückfließenden Russland-Schulden teilweise stopfen. Schon im laufenden Jahr will Moskau an Deutschland fünf Milliarden Euro zurückzahlen, teilte das Bundesfinanzministerium am Freitag in Berlin mit.

Manchmal geschehen doch noch Zeichen und Wunder. Das gilt auch für Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), der in dieser Woche von den Steuerschätzern arg gerupft wurde: Russland wird fünf Milliarden Euro Schulden zurückzahlen, wie gestern bekannt wurde. Das Aufatmen in Eichels Ministerium war daraufhin unüberhörbar: Das sei ein wichtiger Eckpfeiler "unserer haushaltspolitischen Strategie, über Einmalmaßnahmen die im Haushalt 2005 vorhandenen Risiken auszugleichen", frohlockte ein Sprecher. Nur, eigentlich bräuchte der Minister eine ganze Palette von solchen finanziellen Einmalsegnungen, um auch in diesem Jahr seinen Haushalt irgendwie über die Runden zu bekommen. "Jeder vierte Euro", schimpfte gestern bei der Bundestagsdebatte um die Risiken des Bundeshaushaltes 2005 der CDU-Experte Steffen Kampeter, sei nicht durch "dauerhafte Steuereinnahmen finanziert". Laut Opposition schaut der Finanzminister im laufenden Jahr bereits in ein Loch von 60 Milliarden Euro. FDP-Vize Andreas Pinkwart nannte Eichel deshalb einen "Illusionskünstler". Eichel selbst rechnet mit Mehrbelastungen für den Bundesetat im "mittleren einstelligen Milliardenbereich" auf Grund der Steuerausfälle sowie der angespannten Lage am Arbeitsmarkt und bei den Renten. "Ich habe Vorschläge für 26 Milliarden Euro Subventionsabbau pro Jahr gemacht", warf er der Union eine Mitverantwortung für die desolate Haushaltslage vor. "Davon habe ich nur achteinhalb Milliarden bekommen." Laut Steuerschätzer kommen allein auf den Bund von 2005 bis 2008 Ausfälle von insgesamt 39 Milliarden Euro zu. Was die Schätzer aber nicht mehr einbeziehen konnten, meinte im Bundestag Finanzstaatssekretär Karl Diller (SPD), sei ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent im ersten Quartal 2005. Das sei "das beste Wachstum seit vier Jahren" gewesen, so Diller. Etat steht dennoch auf tönernen Füßen

Dass der Haushalt dennoch auf tönernen Füßen steht, hat neben der schwachen Konjunktur auch damit zu tun, dass die Einnahmen aus der Mineralöl- und der Tabaksteuer weitaus spärlicher als veranschlagt fließen. Insbesondere bei der Tabaksteuer ringen die Koalitionäre nach wie vor um ihr weiteres Vorgehen. Derzeit finden hinter den Kulissen "schwierige Gespräche" zwischen Finanz- und Gesundheitspolitikern der Koalition statt, hieß es gestern im Haushaltsausschuss. Unklar ist daher nach wie vor, ob die weitere Erhöhung um nochmals 1,2 Cent je Zigarette im September kommen wird. Grund des Zoffs ist, dass der Fiskus schon nach den zwei Anhebungen am 1. März und am 1. Dezember 2004 deutlich weniger aus der Tabaksteuer als erhofft eingenommen hat. Gegenüber den Haushaltsplanungen von Hans Eichel, so der Unionsexperte Bernhard Kaster, seien 2004 und im ersten Quartal 2005 Mindereinnahmen von rund 2,3 Milliarden Euro zu verzeichnen gewesen. "Bei einer nochmaligen Erhöhung im September wird es nochmals zu Einbrüchen kommen", glaubt Kaster. Eine Ursache sind Ausweich-Reaktionen - um sie künftig zu vermeiden, hatten die Grünen die Anhebung der Steuer auf Feinschnitt auf das Niveau der Zigarettensteuer ins Spiel gebracht.

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