Motorsport-Legende und Millionengrab

Nürburg · Der Nürburgring zieht seit der Eröffnung 1927 Tausende Motorsportfans in die Eifel, ist aber auch ein Symbol für politische Pannen in Rheinland-Pfalz. Eine Chronologie wichtiger Ereignisse seit dem Scheitern der Privatfinanzierung 2009.

Juli 2009: Die geplante internationale Privatfinanzierung des Nürburgrings scheitert spektakulär. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) tritt zurück. Kurz darauf wird der überdimensionierte Freizeitpark an der Strecke eingeweiht.
Mai 2010: Die Nürburgring Automotive GmbH (NAG) wird neue Privatbetreiberin des Freizeitparks, das Land bleibt Besitzer. Mit dem "Zukunftskonzept Nürburgring" will die SPD-Alleinregierung den Ring retten.
Februar 2012: Die inzwischen rot-grüne Landesregierung kündigt den Privatbetreibern wegen ausstehender Pachtzahlungen. Später geht es auch um eine Räumungsklage.
Juli 2012: Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) kündigt an, dass die staatliche Nürburgring GmbH - die Besitzgesellschaft - vor der Insolvenz steht, weil die EU-Kommission eine Landeshilfe verweigert habe.
November 2012: Die Verhandlungen zwischen den Sanierern der insolventen Rennstrecke und den gekündigten Pächtern platzen. Danach verständigen sich beide Seiten: Die NAG gibt Gebäude und Betrieb zurück, soll aber das Formel-1-Rennen managen.
Januar 2013: Die Gespräche zwischen den Ex-Ring-Pächtern und Formel-1-Chef Bernie Ecclestone zum Rennen 2013 scheitern. Die Sanierer setzen sie über Branchenkenner Karl-Josef Schmidt fort. Die Einigung gelingt.
Mai 2013: Der Verkauf des insolventen Nürburgrings startet.
November 2013: Der ADAC wirft seinen Hut in den Ring, will aber nur die Rennstrecken ohne Freizeitpark kaufen. Den Sanierern ist das Angebot des zweitgrößten Automobilclubs der Welt jedoch zu gering.
1. März 2014: Die Capricorn Nürburgring-Besitzgesellschaft erhält den Kaufzuschlag. Die Gesellschafter sind der Autozulieferer Capricorn und das Unternehmen Getspeed. Zwei unterlegene Bieter, das US-Technologieunternehmen Nexovation und das Finanzkonsortium HIG Capital, prüfen jetzt eine Klage.
26. März 2014: Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) räumt beim Nürburgring teure Fehlinvestitionen der früheren SPD-Alleinregierung unter Kurt Beck ein. "Das Geld ist für das Land und für die Steuerzahler verloren", sagt sie im Landtag.
16. April 2014: Das Landgericht Koblenz verurteilt Ex-Finanzminister Deubel wegen Untreue zu dreieinhalb Jahren Haft, er geht später in Revision. Damit bleibt Deubel vorerst auf freiem Fuß.
7. September 2014: Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz wirft der früheren SPD-Alleinregierung schwere Versäumnisse beim Rettungsversuch des Nürburgrings 2010 vor - unter anderem wegen eines Kredits der landeseigenen Förderbank ISB von 330 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft prüft diesen Bericht auf strafrechtliche Relevanz.
1. Oktober 2014: Die EU-Kommission erklärt Staatsbeihilfen von fast einer halben Milliarde Euro für den Nürburgring für illegal und verlangt deren Rückzahlung. De facto ist das Geld weg. Den Verkauf der Rennstrecke an Capricorn billigt Brüssel.
13. Oktober 2014: Der Verkauf könnte platzen: Es ist unklar, ob Capricorn-Chef Robertino Wild und sein Kaufpartner Getspeed eine Rate bis November zahlen können. CDU-Oppositionschefin Julia Klöckner fordert den Rücktritt von Verkehrsminister Roger Lewentz und Finanzminister Carsten Kühl (beide SPD) sowie den Rückzug von SPD-Fraktionschef und Ex-Verkehrsminister Hendrik Hering.
14. Oktober 2014: Regierungschefin Dreyer ermahnt bei einer Regierungserklärung im Landtag die Käufer des Rings, die Verträge einzuhalten.
17. Oktober 2014: Die Sanierer der Renntrecke gehen weiter davon aus, dass der Kaufvertrag erfüllt wird. Capricorn-Chef Wild versucht, Zweifel an seiner Zahlungsfähigkeit zu zerstreuen.
21. Oktober: Wegen der geplatzten Privatfinanzierung des Nürburging-Ausbaus kommt es zu einem weiteren Prozess. Der Schweizer Finanzvermittler und frühere Ring-Geschäftspartner Urs Barandun muss sich vom 13. Januar vor Gericht verantworten.
30. Oktober: Der russische Pharmaunternehmer Viktor Charitonin steigt als Investor ein. Er ist an der Firma NR Holding beteiligt, die zwei Drittel der Anteile an der Ring-Besitzgesellschaft übernimmt. Capricorn-Chef Wild ist seine Anteile damit endgültig los, wird aber Geschäftsführer der NR Holding und wieder der Besitzfirma.

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